Schloss Dachau:1000 Gäste schlemmen, schauen, hören und genießen beim Barockpicknick im Schlossgarten

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Einen traumhaft schönen Sommerabend mit Passo Avanti erlebten die Besucher beim Barockpicknick im Dachauer Schlossgarten am Freitagabend. (Foto: Toni Heigl)

Beide Abende am Wochenende sind ausverkauft. Wer eine Karte hat, lobt die Besucher-Beschränkung, die Kunstgenuss und Stimmung nicht nur bei "Passo Avanti" am Freitag hebt.

Von Petra Neumaier, Dachau

"Plopp, plopp", machen die Korken. Vorne, hinten, rechts und links. Gläser stoßen aneinander, Löffel tauchen in Salate, Gabeln in die Antipasti, das Brot wird gebrochen, der Käse schmilzt bei noch immer 31 Grad Celsius nicht nur am Gaumen. Fröhliches Lachen, strahlende Augen wie sonst nur an Weihnachten. Endlich aufatmen, alles hinter sich lassen und genießen, mit allen Sinnen: Die mitgebrachten Speisen auf den Picknickdecken, unter Apfel- und Birnbäumen und zwischen herrlichen Blumenrabatten; den Schein der Kerzen, Lampions und Fackeln - die später in der Dunkelheit wie riesige Glühwürmchen im Schlossgarten leuchten. Und natürlich auch und besonders die Live-Musik. Was für eine Stimmung! Das Barock-Picknick im Schloss Dachau war einmal mehr der Höhepunkt des Jahres für 2000 Besucher an zwei traumhaft schönen Sommerabenden.

Im Schneckentempo rumpeln die Fahrzeuge am Freitagabend das steile Kopfsteinpflaster zum Schloss hinauf. Parken? Keine Chance. Nur kurz stoppen geht. Dann öffnen sich auch gleich die Türen, purzeln Frauen und Kinder heraus, bepackt mit prall gefüllten Taschen, berstenden Körben und zentnerschweren Kühltaschen. Schnell reihen sie sich in die Schlange Wartender ein, die sich schon eine halbe Stunde vor Einlass über die gesamte Länge des Parkplatzes zieht. Leiterwagen ziehend, auf denen auch Campingstühle, Tische und Strandliegen eingeklemmt sind. Wer hat, der bringt mit.

Die letzten Plätze waren am Donnerstag ausverkauft

Die Tickets sind griffbereit. Der Einlass geht schnell - Handys scannen den Code. Wer keinen hat, muss tatsächlich enttäuscht wieder den Heimweg antreten. "Die letzten Plätze für das Barockpicknick waren am Donnerstag verkauft", wird später Kulturamtsleiter Tobias Schneider erzählen. Für den Samstag gibt es sowieso seit Montag keine Karten mehr.

Immer wieder überraschend, wie viele Besucher schon kurz nach dem Einlass auf ihren reichlich gedeckten Picknick-Decken sitzen und schlemmen. Als gelte es, keine Zeit zu verlieren. Ein Phänomen, das man schon seit Jahren bestaunt. Seit 2001 - mit nur einer Unterbrechung, findet das Barockpicknick in Dachau schon statt: Bis 2019 war es nur an einem Abend und dafür nahezu unbegrenzt mit zuletzt über 2000 zahlenden Gästen plus mindestens so vielen Kindern. Ein schönes, aber auch turbulentes Spektakel, bei dem zwischen den Decken nicht mehr viel Wiese zu sehen war, Kinder Fußball spielten und herumtobten und schon in dritter Reihe kaum noch die Musik zu hören war.

"Man kann es sich gar nicht mehr vorstellen, wie das früher war"

Die Pandemie und ihre Beschränkungen erwiesen sich dahingehend als Gewinn. 2020 auf 200 Besucher an drei Abenden begrenzt, 2021 (getrennt in Parzellen) auf 400 an zwei Abenden, wollte das Kulturamt die wohltuende Stimmung, weniger Besucher und die Wahl zwischen zwei Musikrichtungen an zwei Abenden nicht mehr missen. Und so fand heuer trotz der Aufhebung der Beschränkungen für öffentliche Veranstaltungen das Barockpicknick erneut an zwei Abenden und begrenzt statt. Dieses Mal limitiert auf 1000 Kinder und Erwachsene. Tobias Schneider strahlt: "Man kann es sich gar nicht mehr vorstellen, wie das früher war", sagt er mit zufriedenem Blick auf die locker verteilten Picknicker, die der Musik ihre volle Aufmerksamkeit schenken.

Und die hat sich das Quartett "Passo Avanti" (Alexander von Hagke, Klarinetten und Flöten; Doren Dinglinger, Violine; Lucas Campara Diniz, Gitarre und Eugen Bazijan, Cello) wahrlich verdient. Wobei die ersten Stücke zunächst ein wenig befremdlich erscheinen. Diese Mischung aus bekannten klassischen Kompositionen, die das Ensemble frei interpretiert und auch instrumental neu ausdrückt. Überraschend sind die Klänge aus Geige und E-Gitarre mit Flöte und Cello, fließend die Übergänge. Doch erst einmal verstanden und richtig zugehört, entfalteten sich die Stücke zum Ohren-Genuss, der kaum besser zum Entspannen, Träumen und Abschalten hätte sein können. Liegend wird er genossen, lang ausgestreckt auf der Decke, die Augen in den dunkler werdenden Himmel gerichtet oder geschlossen. Herrlich! Eine Decke braucht es diesmal auch nicht. Und auch kein Insektenspray: Denn sogar den Mücken, die sonst sich so zahlreich an den Picknick-Besuchern laben, ist es an diesem warmen Freitagabend zu heiß.

Passo Avanti servierte beim Barockpicknick Ohren-Genuss zum Entspannen, Träumen und Abschalten. (Foto: Toni Heigl)
Als sich die Dunkelheit über den Schlossgarten senkte, kamen die Kerzen, Lampions und Lichter und verbreiteten wunderschöne Sommernachtsatmosphäre. (Foto: Toni Heigl)
Im Sitzen, im Liegen, mit offenen und geschlossenen Augen, das Publikum genoss den Abend in vollen Zügen. (Foto: Toni Heigl)

In den Pausen Zeit, die manchmal nicht nur eingeschlafenen Beine zu wecken. Herrlich das Schlendern auf den Wegen, das Beobachten. Frauenhände halten ihre Handys hoch, fotografieren Blumen, das Panorama von München, über dessen Himmel Blitze zucken, filmen die friedliche Stimmung ... während die Männer noch ihre 158 Mails checken müssen. Blicke wechseln wie sonst nur Worte. Alles klar.

Mit der Dunkelheit kommen die Kerzen. Die Fackeln. Die Lampions. Und es kommt die Stille. Man ist satt. Man ist glücklich. Sorgen und Alltag sind weit. Und man schwebt, mit Melodien von Bach, Mozart, Puccini und Brahms hinweg, die mal sinnlich als Tango gespielt, höchst sensibel im Stil des Samba und anderen Richtungen interpretiert werden. Einmal darf das Publikum zweistimmig ein Stück begleiten. Auch das ein wunderbarer Moment friedlichen Beisammenseins. Könnte man, würde man am nächsten Abend wiederkommen. Doch die Karten für die Lokalband "Garou" sind längst ausverkauft. Die, die eine hatten, erlebten ebenfalls einen unvergesslichen Abend. Kulturamtsleiter Schneider blickt am Sonntag zufrieden zurück, die Resonanz auf das neue Konzept hätte bei Musikern und Publikum kaum besser sein können.

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