Wirtschaft:Mehr Arbeitskräfte für den Landkreis gewinnen

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Die Initiative "Leben und arbeiten im Landkreis Dachau" um die Start-up Gründerinnen Silke Dütz (links) und Sabrina Frankenberg (rechts). In der Mitte und Sebastian Stirner und Korbinian Urban (2.von rechts) von den Dachauer Wirtschaftsjunioren. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Zwei Startups aus dem Dachauer Gründerzentrum wollen Dachauer Betrieben mit innovativen Ansätzen bei der Personalsuche helfen - zum Beispiel mit der Methode des Design Thinking

Von Alexandra Vettori, Dachau

Jüngst war sogar Spiegel TV da, zwar eher aus Zufall, doch dazu später mehr. Jedenfalls fanden auch die Fernsehleute das Projekt hochinteressant. Nicht jedes Start-up kann von sich behaupten, dass sein Produkt sehnlich erwartet wird. Die beiden Dachauer Unternehmen VinnaConsult und Mandano aber schon. Denn deren Geschäftsführerinnen Silke Dütz und Sabrina Frankenberg sind einem brennenden Problem der deutschen wie auch der Dachauer Wirtschaft auf der Spur: "Fachkräftemangel drückt jedes Unternehmen", weiß Silke Dütz, 49, Inhaberin von VinnaConsult. Zumindest für den Landkreis wollen die beiden Frauen Linderung bringen - mit ungewöhnlichen Ansätzen.

Ihr Konzept geht tiefer als Job-Börsen und Such-Inserate. Das erste Mal kam die Idee bei einem runden Tisch der Dachauer Wirtschaft im vergangenen Sommer auf, das Gespräch drehte sich um Arbeitnehmermangel, der längst nicht mehr nur ein Fachkräftemangel ist. Relativ schnell ging es darum, wie Unternehmen vor allem an junge Menschen herankommen. Job-Messen, den Handwerker-Bus, all das gibt es schon. Silke Dütz, Wirtschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik, und seit zwei Jahren selbständige Beraterin mit Schwerpunkt auf agilen Methoden und Design Thinking, zäumte das Pferd von hinten auf. Sie stellte die Kunden, also die Nachwuchskräfte, in den Fokus: "Wurden die jungen Menschen gefragt, was sie suchen?"

Eine Zündung, ein Gespräch

Wenig später saßen Silke Dütz und Sabrina Frankenberg, die mit ihrem HR-Tech-Startup Mandano ebenfalls im Dachauer Gründerzentrum residiert, auf der Dachterrasse des Gründwerks. "Eine Zündung, ein Gespräch, und wir wussten, da können wir etwas ändern", erzählt Frankenberg. Einen Monat später war das Konzept fertig. Man stellte es den Wirtschaftsförderern von Stadt und Landkreis Dachau vor und hatte kurz darauf die ersten Zuschuss-Zusagen.

Sabrina Frankenberg, 42, die mit Mandano datenbasierte Strategien im Personalmanagement anbietet, beschreibt den groben Ablauf der gerade gestarteten Fachkräfte-Initiative "Leben und Arbeiten im Landkreis Dachau" . Bis März läuft noch die erste von drei Phasen, Konzeption und Datenanalyse. Von März bis Mai folgen Interviews mit ausgewählten Personengruppen, Phase drei dauert ungefähr von Juni bis Dezember dieses Jahres, hier kommen Umsetzung und Erfolgsmessung.

Die Studie zahlen die Nutznießer

"Wir brauchen 150 000 Euro, um die Initiative bis Ende 2024 zu finanzieren", sagt Sabrina Frankenberg. 50 000 Euro vom Landkreis Dachau und der Stadt Dachau hat man schon, den Rest zahlen die teilnehmenden Unternehmenspartner. Große Betriebe mit über 250 Mitarbeitenden zahlen 10 000 Euro, mittlere ab 20 Mitarbeitenden 5000 und kleine 1000 Euro.

Ohne das Netzwerk des Dachauer Gründerzentrums wäre die Initiative nicht entstanden, betonen alle Beteiligten. In Windeseile war hier mit den Dachauer Wirtschaftsjunioren der ideale Projektträger gefunden. Deren Sprecher Korbinian Urban musste nicht überredet werden: "Wir haben schon oft mit unseren Mitgliedern über Mitarbeitermangel geredet, jetzt haben wir die Umsetzung dazu, mit vielen Daten. Wir sind sehr glücklich."

47 000 Menschen verlassen den Landkreis zum Arbeiten

Tatsächlich weiß man dank der Datenrecherchen für das Projekt bereits, dass es 2879 Handwerksbetriebe im Landkreis Dachau gibt, dazu 3315 Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Und man weiß, dass 47 122 Menschen auspendeln, also außerhalb des Landkreises arbeiten. "Warum sind das so viele? Verdienen sie in München mehr?" Diese Fragen und Hypothesen gilt es zu überprüfen, so Frankenberg.

Antworten wird man zum Beispiel durch die Interviews bekommen. "Wir führen Interviews mit Repräsentanten unterschiedlicher Personengruppen, um die Bedürfnisse von potenziellen Arbeitnehmern zu verstehen", erklärt Silke Dütz. Relevante Personengruppen sind zum Beispiel Ein- und Auspendler, Personen, die in Teilzeit arbeiten oder das möchten, Arbeitslose, Studierende, Jugendliche, Silver Ager, also Menschen, die älter sind als 50 Jahre. "Wir nehmen gerade Kontakt mit den Personengruppen auf", sagt Frankenberg, das geschieht über Social Media, berufliche Netzwerke, die Agentur für Arbeit oder auch den Kreisjugendring. Die Interviews und die recherchierten Daten sind die Basis für weitere Schritte oder, wie es Frankenberg ausdrückt: "Mit der Masse an Erkenntnissen und Impulsen gehen wir dann in den Ideenprozess."

Workshop im April

Dazu findet im April auch ein viertägiger Workshop nach der Design-Thinking-Methode statt. Eine Gruppe löst dabei in strukturierten Arbeitsschritten ein Problem. In diesem Prozess entstehen innovative Ansätze, weil verschiedene Perspektiven einbezogen werden. Auch Teilnehmer aus den Interviews werden dabei sein. Zuerst entstünden bei solchen Prozessen "wilde Ideen" schildert Dütz, eine oder wenige werden genauer verfolgt, zuletzt entstehen Prototypen, die dann den potenziellen Arbeitnehmern vorgelegt und mit ihnen getestet werden. Dütz stellt sich maximal 20 Teilnehmende vor, neben den Wirtschaftsförderern von Stadt und Landkreis Dachau sollen das Unternehmensvertreter sein, "die Personalleitung oder gerne auch direkt die Geschäftsführung".

Die ersten Firmen haben schon zugesagt, etwa das Handels- und Dienstleistungsunternehmen Ludwig Meister aus Dachau, das Franziskuswerk Schönbrunn, die SFS Steuerberatungsgesellschaft, die Sparkasse Dachau und die WeCon Beratungsgesellschaft. Unternehmen und Betriebe, die Interesse haben, können per Mail unter s.frankenberg@mandano.com oder silke.duetz@vinnaconsult.de Kontakt aufnehmen.

Auch das Fernsehen war schon da

Bei der jüngsten Sitzung des Projekt-Lenkungskreises war sogar ein Fernsehteam von Spiegel TV dabei. Das drehte eigentlich zum Thema Flüchtlinge in der Vorzeigekommune Hebertshausen und begleitete an dem Tag Bürgermeister Richard Reischl. Der nahm die Fernseh-Leute dann spontan mit ins Dachauer Gründerzentrum. "Das hat thematisch super gepasst", sagte Sabrina Frankenberg hinterher am Telefon, Migranten und Flüchtlinge untersuche man im Rahmen des Projekts auch. Über die unerwartete Medienpräsenz habe man sich natürlich sehr gefreut.

Vermutlich kommt der Studie auch zugute, dass die Initiatorinnen selbst im Landkreis wohnen. Silke Dütz lebt mit ihrer Familie in Hebertshausen, Sabrina Frankenberg in Karlsfeld. Dort ist die promovierte Arbeits- und Organisationspsychologin auch ehrenamtliche Jugendleiterin des TSV Eintracht Karlsfeld.

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