Corona-Gefahr in Dachau:Stadt schützt Mitarbeiter

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Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann schickt Angestellte, die sich jüngst im Corona-Risikogebiet Südtirol aufhielten, nach Hause. Seine vorsorglich getroffene Entscheidung hält das Landratsamt für überzogen

Von Thomas Radlmaier und Helmut Zeller, Dachau

Die Stadt Dachau hat am Freitag vorsorglich einige Mitarbeiter nach Hause geschickt, um eine mögliche Übertragung des Coronavirus zu vermeiden. Einen Anlass zur unmittelbarer Sorge gibt es nicht: Aber die betreffenden Angestellten der Stadtverwaltung waren in ihrer Freizeit in Südtirol - vom Robert-Koch-Institut in München am Donnerstag um 21 Uhr zum Risikogebiet erklärt. Unterdessen werden noch die Kontaktpersonen der infizierten Münchner Schülerin der Fachoberschule Karlsfeld (FOS) getestet - wenn das Ergebnis vorliegt, laut Landratsamt voraussichtlich am Sonntagnachmittag, wird entschieden, ob die Schule am Montag wieder geöffnet wird. Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) orientiert sich bei seiner Entscheidung an der Landeshauptstadt München, die ebenfalls per Dienstanweisung Mitarbeiter nach Hause geschickt hat. "Der Staat macht noch nichts", sagte Hartmann der SZ.

Deshalb, so der Oberbürgermeister, sei es schwierig, wie mit der Ausbreitung des Coronavirus umzugehen. Es fehle eine einheitliche Linie. Für ihn aber zähle vor allem die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dachau. Aus diesem Grund habe er sich zu der Dienstanweisung entschlossen, die Verwaltungsmitarbeiter bei fortgesetzter Bezahlung für zwei Wochen nach Hause zu schicken. Sie sind zwar weder positiv getestet noch zeigen sie Symptome, aber sie hielten sich im Zeitraum der vergangenen zwei Wochen in Südtirol, einem Risikogebiet, auf. Sie könnten also das Virus übertragen. Das ist keine Panikmache, wie Hartmann betonte, sondern eine vernünftige und vorsorgliche Reaktion. Er, so Hartmann, trage Verantwortung für den Schutz der Mitarbeiter und der Bevölkerung.

Das Landratsamt Dachau beurteilt die Lage ganz anders. "Bei uns gilt das Primat der Medizin und nicht der Hysterie", erklärte Landrat Stefan Löwl (CSU). Die Behörde hat am Freitag keine Mitarbeiter nach Hause geschickt. Südtirol gelte erst seit Donnerstag, 5. März, als Risikogebiet, so Pressesprecher Wolfgang Reichelt. "In Abstimmung mit Gesundheitsamt und Schulamt betrachten wir den Aufenthalt in Südtirol während den Faschingsferien daher nicht in einem Risikogebiet." In einer Pressemitteilung des Landratsamtes vom Freitagnachmittag heißt es: Die neue Entwicklung betreffe keine Personen, "die bereits vor über einer Woche die Faschingsferien in Südtirol verbracht, oder sich noch früher dort aufgehalten haben (keine Rückwirkung)".

Unterschiedliche Bewertungen

Bei der Bewertung der Lage gehen die Meinungen jedoch auseinander. In Südtirol sind bisher zwei Infizierte festgestellt worden. Risikogebiete sind laut Robert-Koch-Institut Regionen, in denen eine fortgesetzte Übertragung von Mensch zu Mensch vermutet werden kann. Der Stuttgarter Zeitung zufolge sind im benachbarten Bundesland Baden-Württemberg allerdings 25 Menschen erkrankt, die sich zuvor in der autonomen Provinz aufgehalten hatten. Die baden-württembergische Landesregierung hat Reiserückkehrer aus Südtirol dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Dies gelte für jeden, der sich innerhalb der vergangenen 14 Tage in Südtirol aufgehalten habe, teilte das Sozialministerium am Freitag in Stuttgart mit.

Ebenso empfahl das bayerische Gesundheitsministerium am Freitag Schülern, die in den vergangenen 14 Tagen in Südtirol waren, nächste Woche zu Hause zu bleiben. In ganz Bayern ist die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 gestiegen. Damit sind in Bayern insgesamt 87 Patienten positiv getestet worden, das Gesundheitsministerium meldete am Donnerstag 31 neue Fälle. Knapp ein Dutzend Schulen bleiben in München und Bayern geschlossen. Hunderte Menschen sind in häuslicher Quarantäne, weil sie Kontakt mit Corona-Patienten hatten. Derzeit können in Bayern täglich rund 2500 Menschen auf das Coronavirus getestet werden.

Aber auch einzelne Schulen im Landkreis bewerten die Lage offenbar anders als das Dachauer Landratsamt. Die Grundschule Karlsfeld hat auf ihrer Homepage einen Hinweis an Eltern veröffentlicht: "Wenn Sie in der Faschingsferienwoche in einem der Gebiete in Urlaub waren, lassen Sie Ihre Kinder bitte zu Hause." Ähnlich sieht man das bei der Grundschule in Altomünster. "Schülern, die innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet waren, wird angeraten, unabhängig von Symptomen unnötige Kontakte zu vermeiden und, sofern das möglich ist, zu Hause zu bleiben."

Wo sich die Fos-Schülerin angesteckt hat, ist weiter unklar

Laut Landratsamt sind bis auf die Fachoberschule in Karlsfeld bisher keine weiteren Schulen oder öffentliche Einrichtungen des Landkreises geschlossen worden. Behörden hatten am Donnerstag eine Schülerin der FOS positiv auf das Coronavirus getestet. Diese Schülerin aus München befinde sich in einer Klinik in der Landeshauptstadt, "die Kontaktpersonen in häuslicher Quarantäne", so die Kreisbehörde. Viele Fragen bleiben in diesem Fall offen: Wie sich die Schülerin mit dem Virus infiziert haben könnte, war dem Landratsamt am Freitagnachmittag nicht bekannt. Die Anzahl der Kontakt- und Verdachtspersonen, die im Zusammenhang mit dem Fall in der Karlsfelder Schule derzeit auf das Coronavirus untersucht würden, will und kann die Behörde nicht nennen. "Zum einen zum Schutz der Betroffenen und weil wir keine gesicherte Zahl nennen können, da noch andere Gesundheitsämter/Stellen beteiligt sind und gegebenenfalls auch Tests vornehmen", so Reichelt.

In einer Pressemitteilung schreibt das Landratsamt Dachau: "Aktuell - 6. März, 14 Uhr - gibt es weiterhin keinen positiv getesteten Corona-Fall im Landkreis Dachau."

© SZ vom 07.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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