Baurechtsmehrung in Dachau:Kinderschutzverein hat das Nachsehen

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Die Vorwürfe des Kinderschutz e.V. sind massiv: Der Dachauer Stadtrat soll einen Bauträger zu Lasten eines gemeinnützigen Vereins bevorteilt haben.

Wolfgang Eitler

Marianne Klaffki, Fraktionsvorsitzende der SPD im Dachauer Kreistag, attackiert in ihrer Funktion als Vorstandsmitglied des Kinderschutzvereins die Baupolitik der Stadt Dachau. Der Verein fühlt sich von der Mehrheit des Stadtrats "über den Tisch gezogen".

Der Verein Kinderschutz e.V. hat sein Grundstück in Dachau an einen Bauträger verkauft und fühlt sich nun von der Stadtratsmehrheit benachteiligt, weil das Unternehmen plötzlich größer bauen darf. (Foto: Symbolbild: ddp)

2004 verkaufte er sein Gelände an der Hermann-Stockmann-Straße für 3,5 Millionen Euro an den Bauträger Herbert R. Ullmann. Kürzlich stimmte der Bauausschuss dessen Antrag zu und vergrößerte die auf diesem Gelände mögliche Wohnfläche um 700 Quadratmeter. Bei einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 3000 Euro kann der Kaufpreis als amortisiert gelten.

Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung sagte Klaffki: "Hier wurde ein Bauträger zu Lasten eines gemeinnützigen Vereins bevorteilt." Sie bezeichnet es als einen "einmaligen Vorgang in der bayerischen Kommunalpolitik", dass ein gewähltes Gremium wie der Stadtrat mithelfe, "einem gemeinnützigen Verein einen Schaden in sechsstelliger Höhe zuzufügen".

Die Stadt weist Klaffkis Vorwürfe als nicht stichhaltig zurück. Stadtbaurat Michael Simon sagt: "Die Erteilung der Baugenehmigung beruht auf der baurechtlichen Beurteilung durch den Bauausschuss."

Auf die Frage an Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU), ob er nachvollziehen könne, dass sich der Verein um einen hohen Betrag geprellt fühlt, verweist er auf Verhandlungsfehler des Vereins. Der habe es schließlich versäumt, im "Kaufvertrag eine Nachbesserungsklausel" zu vereinbaren.

Marianne Klaffki staunt indes darüber, dass die Stadt es nicht für nötig erachtet habe, den Kinderschutzverein über die geplante Erhöhung des Baurechts zu informieren: "Es bestand ein gültiger Bebauungsplan und ein gültiger Vorbescheid, der Grundlage der Kaufpreisermittlung war."

Norbert Blesch, Geschäftsführer des Kinderschutzvereins mit Hauptsitz in München, merkt allerdings selbstkritisch an, dass der Verein bei Abschluss des Vertrags bedauerlicherweise auf eine Öffnungsklausel verzichtet habe. Damit seien auch Nachverhandlungen mit dem Käufer ausgeschlossen.

Klaffki entgegnet, dass "kein Mensch mit einer solchen Entwicklung" habe rechnen können. "Wir mussten doch um höheres Baurecht ringen."

Der Kinderschutzverein ist seit 1926 in der Stadt Dachau aktiv und arbeitet seit dieser Zeit vor allem in der präventiven Jugendhilfe. Aus Klaffkis Sicht passt die Entscheidung des Bauausschusses in das Gesamtbild, wie der Stadtrat den Kinderschutzverein in den vergangenen Jahren behandelt habe: "Eine Unterstützung war so gut wie nie vorhanden."

Als Beleg führte sie die vergeblichen Verhandlungen an, einen Neubau von Elisabeth-Bamberger-Schule und Amalie-Nackenheim im Schulzentrum Augustenfeld zu errichten. Jetzt geht die Bamberger-Schule nach Karlsfeld. Statt eines Heimes verfolgt der Verein ein neues pädagogisches Wohngruppen-Konzept in kleineren Einheiten.

Klaffki will wissen, wann der Antrag auf Änderung des Vorbescheids eingegangen ist. Außerdem fehlt ihr die Begründung dafür, warum eine massiv verdichtete Bebauung zugelassen wurde. Nach Auskunft von Stadtbaurat Michael Simon ist der Antrag des Bauträgers am 12.April 2010 eingegangen. Der geänderte Bescheid basiere auf einer Entscheidung des Bauausschusses vom November 2009.

Damals habe das Gremium entschieden, auf einem Nachbargelände eine Riegelbebauung vorzusehen. Simon: "Dadurch hat sich der prägende Umgriff in den rückwärtigen Grundstücksbereichen geändert."

Unbeantwortet blieb die Frage, warum der Bauausschuss dem Riegelbau zustimmte, der nun der Maßstab für eine grundsätzlich verdichtete Bauweise darstellt. Simon erachtet solche Änderungen als üblich, zumal wenn ein Vorbescheid mehrere Jahre alt sei.

© SZ vom 03.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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