Amtsgericht Dachau:Randale auf Schalke

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Dachauer Ultra-Fan wegen Landfriedensbruch verurteilt. Beim Bundesliga-Spiel Schalke gegen Bayern liefert der 20-Jährige seine ganz eigene Show.

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"Eine Massenschlägerei wurde nur durch Glück verhindert, weil die Plexiglasscheibe in der Arena auf Schalke nicht zerbrach", so steht es in der Anklage. Auf dem Beweisvideo der Stadionkamera hüpft der Dachauer mit seinen Kameraden der Inferno Bavaria - eine Ultra-Gruppe der FC Bayern-Fans - wild herum. Der 20-Jährige ist sichtlich angetrunken: Er tanzt und singt, klettert auf die Bande und macht obszöne Gesten, trommelt gegen die Scheibe, zieht seinen Oberkörper und den Hintern blank, drückt ihn gegen das Plexiglas. Dahinter befindet sich der Familienblock mit vielen Kindern. Da es in einer großen Gruppe passierte, lautete die Anklage Landfriedensbruch. Das Amtsgericht hat den Dachauer jetzt zu 40 Sozialstunden verurteilt. Er sei durch den Deutschen Fußball Bund (DFB) und den FC Bayern bereits ordentlich bestraft.

 Manuel Neuer stand im Dezember 2010 noch zwischen den Pfosten der Gelsenkirchener. Mittlerweile hält der Nationaltorwart den Kasten für die Bayern sauber. Doch das wird der Dachauer Angeklagte frühestens in drei Jahren live erleben. Vom DFB bekam er ein Stadionverbot bis 2014 verhängt. (Foto: dpa)

Es ist das Auswärtsspiel des FC Bayern gegen Schalke 04 im kalten Dezember 2010. Auf dem Platz ist es ein hitziges Duell, in dem vor der Pause nur der damalige Schalker Torwart Manuel Neuer die Führung der Münchner verhindert. Mit Weltklasseparaden, die er heute für den deutschen Rekordmeister zeigt. Doch auch die Fans lieferten sich damals eine heiße Schlacht in der Gelsenkirchener Arena. Mittendrin: die Ultra-Gruppe Inferno Bavaria. "Wir haben uns aufgeregt, weil die Schalker eine bayerische Fahne geklaut haben", sagt der Angeklagte vor dem Dachauer Amtsgericht. Es wurde provoziert. Also habe man zurückgepöbelt und deutlich gestikuliert. Mehrmals deutet der 20-Jährige den Kehlenschnitt zum Ultra-Block auf der anderen Stadionseite an. Zehn Mann schlagen gegen die Bande aus Plexiglas. Eine Scheibe springt, aber bricht nicht auseinander - zum Glück. Kurz danach ist der Bayern-Block mit Polizisten gefüllt. Durch das Video der Stadionkamera konnte der Dachauer überführt werden. "In Ultra-Kreisen ist er der Typ Mitläufer, kein Aggressor und nie in der ersten Reihe", sagt Polizist Carsten Herrmann, Fachmann für die Problemfanszene.

Die Einleitung eines Strafverfahrens reicht bereits aus, um die schmerzlichste Sanktion für eingefleischte Fußballfans zu verhängen: Stadionverbot durch den DFB. Drei Jahre darf der Dachauer von der ersten bis zur vierten Liga kein Spiel live erleben. "Sie dürfen sich also nicht einmal mehr die Bayern-Amateure anschauen", sagte Richterin Petra Nolte. Zudem entzog ihm der FC Bayern seine Jahreskarte. Was doppelt bitter ist, denn um irgendwann eine neue zu bekommen, muss man sich bewerben. Und das kann lange dauern.

Das berücksichtigte Richterin Nolte in ihrem Urteil, ebenso wie die Trunkenheit und das leere Vorstrafenregister. Die Sozialstunden nahm der Angeklagte gelassen auf, aber dass er Manuel Neuer in frühestens drei Jahren wieder live erleben kann, ärgert ihn mehr als die provozierenden Schalke-Fans. Schalke gewann das Spiel übrigens mit zwei zu null.

© SZ vom 18.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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