Amtsgericht Dachau:Ohne schlechtes Gewissen

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Er nahm einfach die Bankkarte der Eltern seiner damaligen Freundin und kaufte damit ohne Probleme ein. Das Amtsgericht Dachau verurteilte den 39-Jährigen jetzt zu einer Geldstrafe.

Gregor Schiegl

Lügner! Warum tust du uns das an, nach allem, was wir für dich getan haben?" Die 36-Jährige Italienerin aus Karlsfeld kann sich vor Wut kaum auf dem Stuhl halten. Sie und der 39-Jährige auf der Anklagebank waren einmal ein Paar. Dann hat er sie betrogen, wohl kalkuliert: "Ich wusste, das wäre das Einzige, das sie mir nie verzeiht. "

Der 39-Jährige zeigte vor dem Amtsgericht Dachau keine Reue: Er kaufte für fast 700 Euro mit der EC-Karte der Eltern seiner damaligen Freundin ein - ohne deren Wissen. (Foto: dapd)

Dass er sich am Montag wegen Betrugs vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten muss, hat mit der unfeinen Art, wie er sie sitzen ließ, allenfalls am Rande zu tun. An ihrem 35. Geburtstag habe sie ein völlig aufgelöster Bankangestellter angerufen, berichtet die Italienierin; ihre Eltern veranstalteten einen Riesenterror.

Zwischen April und Juni hatte es Geldverschiebungen gegeben, mit denen sie nichts zu tun hatten. Zehn Einkäufe für insgesamt knapp 700 Euro, in Dachau und Gröbenzell, Unterschleißheim und Augsburg sind registriert. Dabei nutzten sie die Bankkarte selbst nie zum Zahlen, nur zum Geldabheben.

Tatsächlich hatte der Angeklagte damit eingekauft. Und streitet das auch gar nicht ab. Die Lastschriften hat er alle mit dem Namen des Besitzers unterschrieben. Einige Male steht vor dem Namen "i.A."oder "i.V.", also, in Auftrag oder in Vertretung. Das funktionierte erstaunlich problemlos.

"Ich habe nichts Schlimmes getan", beteuert der Angeklagte leutselig. Die Karte habe er nicht entwendet, "sie wurde mir gegeben" - angeblich von der 36-jährigen Italienerin, die seinerzeit noch seine Freundin war.

Wenn er was brauche, könne er es davon bezahlen, behauptet er. "Lügner!", braust da die bereits entlassene Zeugin auf der Zuschauerbank auf. Das ist der Moment, in der sich die Frau fast eine Ordnungsstrafe einhandelt; die Emotionen schlagen hoch.

Die Karlsfelder Zweizimmerwohnung, die das Paar damals noch bewohnt hat, gehört den Eltern. Die meiste Zeit sind sie in Italien. Im Gegensatz zur Tochter sprechen sie kaum Deutsch. Damit die Tochter Rechnungen bezahlen kann, die im Zuge des Unterhalts für die Wohnung anfallen, hat der Vater ihr die EC-Karte in einer Geldkassette hinterlassen.

Für das Konto der Eltern hat die Tochter eine Generalvollmacht. Für den 39-jährigen Mitbewohner, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, sei das Geld jedoch nie gedacht gewesen. "Wir haben uns einen Dieb ins Haus geholt", habe ihr Vater gesagt, erzählt die Tochter.

Der 77-Jährige bestätigt, dass die EC-Karte nur für den Hausgebrauch gedacht gewesen sei. Und für den Angeklagten, dass er vielleicht mal was einkauft für den "gemeinsamen Hausstand?"

Die Antwort muss die beeidete Dolmetscherin nicht übersetzen. "No", sagt der Signor, no und immer wieder no, "assolutamente no". Seine Frau sagt das Gleiche. Auf Deutsch bekräftigt sie ihre Aussage noch einmal mit den Worten "Bei meinem Vater und bei Gott!"

Der Angeklagte bemüht sich, die Strafanzeige seiner Ex-Freundin als Racheakt darzustellen. "Sie hat die Trennung nicht verkraftet." Doch selbst sein Verteidiger will diese Version nur als "eine Möglichkeit" bei der Urteilsfindung zu bedenken geben. Auf ihn machen die Zeugen "einen glaubhaften Eindruck".

Als das Urteil verkündet wird, schlägt der Angeklagte die Hände vor dem Gesicht zusammen. 150 Tagessätze à zehn Euro muss er berappen. Sein Konto ist leer.

© SZ vom 22.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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