Amtsgericht Dachau:Gewalttäter muss ein Jahr hinter Gitter

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Ein 46-Jähriger zerschmetterte eine Bierflasche auf dem Kopf seines Bekannten. Es war nicht sein erster brutaler Angriff. Nun wurde er aus dem Verkehr gezogen.

Daniela Gorgs

Die kleine Treppe am Bahnhofsvorplatz in Dachau wird gerne als privater Raum genutzt. Menschen lassen sich dort nieder, trinken und rauchen. An einem Nachmittag im März endete so ein Umtrunk mit einer Schlägerei. Zwei Männer gerieten aneinander, zunächst verbal, dann handfest. Wie die Polizei damals schrieb, war einem 46-Jährigen das Gerede eines 47-Jährigen plötzlich zu viel geworden. Um die Unterhaltung zu beenden, schmetterte er ihm eine Bierflasche auf den Kopf. Als die Polizei eintraf, hatten sich die beiden angeblich schon wieder versöhnt. Sie behaupteten, dass der 47-Jährige die Treppe hinuntergestürzt war und sich dabei die blutende Platzwunde an der Stirn zugezogen habe. Doch Zeugen erzählten, was wirklich geschehen war.

Das Opfer des Bierflaschenangriffs weiß nichts mehr von einem Streit und auch nicht, dass seine Wunde genäht wurde (Foto: Robert Haas)

Der 46-Jährige muss sich am Montag vor dem Amtsgericht Dachau wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Ihm wird vorgeworfen, seinem Opfer zunächst zwei Faustschläge versetzt und ihm dann eine Bierflasche auf den Kopf geschlagen zu haben. Die Faustschläge leugnet er, doch das mit der Bierflasche würde stimmen. Aus einem Reflex heraus habe er mit der Flasche zugeschlagen, da ihn der Kontrahent zuvor mit der Faust auf den Hinterkopf gehauen und ihn geschubst habe. Notwehr also.

Der Täter hatte einen Alkoholpegel von mehr als 2,5 Promille. Das Opfer war nicht minder betrunken. Als er vor Gericht aussagen soll, erinnert er sich an nichts mehr, sagt nur: "Ich bin wohl die Treppe runtergefallen, dann hatte ich einen Blackout." Er weiß nichts mehr von einem Streit, auch nicht, dass seine Wunde im Krankenhaus genäht wurde. Wohl aber habe er sich am nächsten Tag über die Fäden im Gesicht gewundert und diese selber nach ein paar Tagen gezogen. "Ich wusste ja nicht, in welchem Krankenhaus ich war."

Ein Bekannter des Angeklagten erinnert sich zwar noch an den Vorfall, doch habe er im entscheidenden Moment weggesehen. Das spätere Opfer sei von hinten auf den Angeklagten losgegangen, dann habe er eine Flasche klirren hören, aber "nix gesehen". Auf mehrmaliges Nachfragen des Richters und Staatsanwaltes, warum er denn wegschaue, wenn ein Streit eskaliere und spannend werde, antwortet er nur: "Das schau ich mir lieber nicht an."

Ein 21-jähriger Passant aber sah genau hin. Auf dem Heimweg nach seinem Feierabend passierte er die Streithähne am Bahnhofsvorplatz, sah, wie der eine den anderen schubste, der andere daraufhin die Bierflasche von der Treppe hob, sie dem Opfer auf den Kopf schlug und die Flasche dabei zerbrach. Vor Gericht sagt er, das Opfer habe zuvor geschwankt, der Angeklagte nicht. Zwei Schüler, die gerade aus dem Bus ausgestiegen waren, bestätigen die Aussage. Weitere Zeugen sind geladen, erscheinen aber nicht. Vorsitzender Richter Lars Hohlstein setzt die Verhandlung trotzdem fort. Er hat genug gehört, um sich ein Urteil zu bilden. Der Blick in das Vorstrafenregister des 46-Jährigen trägt seinen Teil dazu bei. Acht Vorstrafen, teils einschlägige, liest Richter Hohlstein vor. Im letzten Urteil wird dem Angeklagten eine "brutale Vorgehensweise" vorgeworfen.

Der Staatsanwalt plädiert auf zwei Jahre Haft. Mehrmals sei der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung mit Bewährung bestraft worden, die widerrufen werden musste. Der Verteidiger verlangt trotzdem noch einmal Bewährung und spricht von Notwehr. "Mein Mandant wurde erheblich provoziert." Richter Hohlstein wählt den Mittelweg. Er verurteilt den 46-Jährigen zu einer einjährigen Freiheitsstrafe - ohne Bewährung. Der Angeklagte könne von Glück sprechen, dass das Opfer "nur" ein Platzwunde erlitten habe. Von alkoholbedingter Enthemmung oder Notwehr könne nicht die Rede sein. Ein Schubser hätte gereicht, um den Angreifer abzuwehren. Der Angeklagte habe wiederholt unter Alkoholeinfluss zugeschlagen. Ein Wille zur Besserung sei nicht erkennbar.

© SZ vom 31.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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