Amtsgericht Dachau:Genug vom Streit der Eltern

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14-Jährige sagt am Amtsgericht gegen den eigenen Vater aus.

Melanie Staudinger

Alina K. ( alle Namen von der Redaktion geändert) will nicht schweigen. Ihre Stimme zittert, mit dem rechten Bein wippt die 14-Jährige hin und her. Sie kaut kurz auf der Lippe und sagt dann: "Ich bin hier, um die Wahrheit zu sagen." Alina ist Zeugin vor dem Amtsgericht Dachau. Auf der Anklagebank sitzt der eigene Vater. Der soll ihre Mutter übel beleidigt, mit einer Getränketüte und einer Fernbedienung beworfen und schließlich bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Alina und ihr sechsjähriger Bruder Niklas waren dabei.

Totalitär, krank, inkompetent. Wer eine Sachbearbeiterin mit solchen Vokabeln belegt, kann sich nicht auf seine Meinungsfreiheit berufen. Das hat ein 27-Jähriger Vater am Amstgericht Dachau lernen müssen.   (Foto: dapd)

Der Vater räumt vor dem Amtsgericht zwar die Beleidigung ein, ebenso gesteht er, seine Frau gegen die Wand gedrückt zu haben. Vom Würgen aber will er nichts wissen. Warum seine Frau dann bewusstlos geworden sei, wisse er nicht. Jedenfalls habe er sie wiederbelebt. "Ich liebe meine Familie", sagt er. Seit vier Monaten aber lebe er nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung. Seine Frau Sarah K. habe sich im vergangenen Herbst nach 18 Jahren von ihm getrennt. Trotz der geplanten Scheidung sagt sie vor Gericht nicht aus. Das muss sie auch nicht, solange sie noch mit dem Angeklagten verheiratet ist.

Die Tochter aber hat genug von den Streitereien daheim. Die Schimpfworte, die ihr Vater der Mutter damals an den Kopf warf, will sie nicht mehr wiederholen. "Das war schon heftig, aber leider nicht das einzige Mal", erklärt sie. Die 14-Jährige berichtet von einem heftigen Streit - der Auslöser war wohl, dass die Mutter einen Autounfall hatte und nun von ihrem Noch-Mann Geld für die Reparatur forderte, was der wiederum nicht zahlen wollte. Aus den Beschimpfungen wurde schließlich eine handfeste Auseinandersetzung. Was genau passierte an diesem Samstag im September, kann Amtsrichterin Petra Nolte nicht klären. Beleidigung und vorsätzliche Körperverletzung stehen für sie aber fest. Nolte verurteilt den Mann zu 85 Tagessätzen zu je 30 Euro und bleibt damit knapp unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe von 90 Tagessätzen. "Damit sind sie nicht vorbestraft", sagt die Richterin. Zugunsten des Angeklagten habe sie gewertet, dass dieser schon von daheim ausgezogen sei. Damit, so vermutet sie, sind die Streitereien ja beendet. Das hofft auch Alina K., auch wenn sie die Scheidung ihrer Eltern sehr bedauert. "Aber es geht leider offensichtlich nicht anders", sagt sie.

© SZ vom 05.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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