Graffiti:Vegan-Aktivisten prangern "Tier-Holocaust" an

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Die Tierschutzparolen waren auf mehreren Schildern des Spazierweges entlang der Amper zu lesen. (Foto: Toni Heigl)

Im Dachauer Amperwald haben Unbekannte mehrere Schilder beschmiert. Die Worte, die sie für ihr Tierschutzanliegen benutzen, empören Passanten.

Von Jessica Schober, Dachau

Keine zwei Kilometer Luftlinie sind es vom grünen Amperufer bis zum Krematorium des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau. Ausgerechnet hier am Fluss haben Unbekannte mehrere Schilder mit leuchtend roten Buchstaben besprüht: "Stoppt den Holocaust an Tieren. Seid vegan!" In sozialen Netzwerken und auch vor Ort empören sich nun Passanten über die Wortwahl der angeblichen Tierschützer - die Graffiti hat die Stadt inzwischen entfernen lassen.

Durch das Waldstück bei Etzenhausen zwischen der Erich-Ollenhauer-Straße und dem Lokal "La Bodega" schlängelt sich ein 1,6 Kilometer langer Erholungspfad mit sieben Stationen zum Innehalten, sogenannte "Stadt-Oasen". Der Erfahrungsweg mit künstlerisch gestalteten Rückzugsorten wurde 2021 eröffnet - nun sind die Botschaften der Stille überschrieben worden. Folgt man dem Verlauf der Amper, findet man weitere Graffitti. Auch ein Schild des Fischereivereins war überschrieben worden, zuvor war darauf "Petri Heil" zu lesen - in roter Schrift stand dort nun: "Fische sind Freund*innen - kein Essen".

Beim Besuch des Orts rauscht der Wald friedlich; Jogger, Gassigänger und Radler sind unterwegs. Monika Koch und Robert Feierlein aus Lochhausen hat es bei sonnigem Wetter zu einer Radtour an die Amper verschlagen. Gerade hatten sie ihre Räder vor einem massiven Findling abgestellt und wollten ein Foto von dem goldenen Herz machen, das darauf eingraviert ist. Die roten Schmierereien haben sie irritiert. "Wir sind selber Vegetarier, aber als ich die beschmierten Schilder gesehen habe, habe ich mich geärgert", sagt Koch. "Was hat der Holocaust mit Veganismus zu tun?" Auch Robert Feierlein ist es "zu extrem", mit welchen Worten hier für das Tierwohl eingetreten wird. "Man kann doch in einer Demokratie bei einer Wahl seine Meinung ausdrücken."

Auch in einer Dachauer Facebook-Gruppe wird das Thema rege diskutiert. Eine Nutzerin schreibt dort: "Ist halt wirklich dämlich, weil die Schilder auf Naturschönheiten aufmerksam machen. Und in Dachau das Wort 'Holocaust' für den Fleischkonsum zu nutzen - das macht mich echt fassungslos."

Darüber, warum ausgerechnet die rostroten Metallstelen am Amperufer für diesen Akt der Sachbeschädigung ausgewählt wurden, rätselt man auch bei der Stadt Dachau. Die Tafeln geben Impulse zu Achtsamkeit und Gewahrsein, auf einer heißt es "Im Fluss sein", eine andere Tafel neben einer kapitalen alten Eiche fragt: "Bist du mit deinen Wurzeln gut verbunden?" Laut Stadtbaumeister Moritz Reinhold hat die Umsetzung der sogenannten "Stadt-Oasen" im Amperwald insgesamt rund 15 000 Euro gekostet. "Die Schmierereien konnten glücklicherweise von Mitarbeitern der Stadt Dachau mit geringem Aufwand entfernt werden. Der Schaden hält sich damit in Grenzen", teilt Reinhold mit.

Die Polizei Dachau hat die Ermittlungen, wie in solchen Fällen üblich, aufgenommen. Zumeist handle es sich bei solchen Graffitti um Sachbeschädigung, sagt Sprecher Matthias Kammerer. "Wir prüfen immer, ob eine Volksverhetzung oder Fremdenfeindlichkeit vorliegt und leiten den Fall dann entsprechend weiter." Bürgerinnen und Bürger, denen ein Graffitti im Stadtbild auffalle, mögen sich an die Inspektion wenden.

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