Amtsgericht Dachau:Strafbefehl für Kunsthändler

Lesezeit: 1 min

Der Fall des 18-jährigen Karlsfelders wird vor dem Dachauer Amtsgericht verhandelt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ein Geschäftsmann wirbt für den Ankauf von Allacher Porzellan mit stilisierten SS-Runen. Das Amtsgericht verurteilt ihn zu 2000 Euro Geldstrafe.

Von Helmut Zeller, Dachau

Das Amtsgericht Dachau hat einen Strafbefehl gegen einen Kunsthändler erlassen, der mit der Abbildung stilisierter SS-Runen für den Ankauf von Allacher Porzellan im Schaufenster seines Ladens in der Stadt geworben hat. Der Antiquitätenhändler legte zunächst Einspruch gegen den Strafbefehl über 2000 Euro ein, akzeptierte ihn aber dann doch - einen Tag vor der auf Dienstag festgesetzten Verhandlung, die somit entfiel. Allacher Porzellan wurde in einem SS-Betrieb von KZ-Häftlingen in Zwangsarbeit hergestellt. Mit dem Nazi-Kitsch - Vasen, Figuren, Hitlerbüsten, Teller - wird noch heute ein schwunghafter Handel betrieben.

Der Antiquitätenhändler wurde wegen eines Verstoßes gegen Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verurteilt, weil er für gewerbliche Zwecke mit einem verfassungswidrigen Symbol geworben hatte, den SS-Runen, die als Markenzeichen der "Porzellanmanufaktur Allach" auf allen ihren Produkten eingraviert war. Allerdings machte das Gericht deutlich, dass der Fall sehr strittig war. Der Angeklagte hatte stilisierte, modifizierte Runen verwendet, auf die der Paragraf 86a jedoch angewendet werden kann, weil sie den originalen SS-Runen zum Verwechseln ähnlich sehen. Für sein vergleichsweise mildes Urteil berücksichtigte das Amtsgericht auch den Umstand, dass der Kaufmann in keinerlei Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie oder zu rechtsextremen Gruppen stehe.

Der Handel mit Nazi-Kitsch bleibt grundsätzlich weiter erlaubt

Der Teilnehmer einer Veranstaltung des Runden Tisches gegen Rassismus im Oktober 2022 hatte den Geschäftsmann angezeigt. Thema der Veranstaltung: Allacher Porzellan. Nach Ende des Informationsabends sah er erneut die Werbung mit stilisierten SS-Runen im Schaufenster des Antiquitätenhändlers. Auf den Handel mit dem Nazi-Kitsch, der die völkisch-rassistische Ideologie verbreiten half, hat das Urteil des Amtsgerichts indes keine Auswirkung.

Der Handel damit bleibt - unverständlich für die wachsende Zahl von Kritikern - weiter erlaubt. Der Runde Tisch hatte allgemein an Kunsthändler appelliert, sich an dem Geschäft mit Erzeugnissen aus der Arbeit von KZ-Häftlingen nicht zu beteiligen und zu bereichern. Allacher Porzellan, das sich noch in vielen Dachauer Haushalten befindet, soll dem Archiv der KZ-Gedenkstätte übergeben werden, wie Vertreter des Runden Tisches damals forderten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAllacher Porzellan
:Nazikitsch, hergestellt von KZ-Häftlingen

Der Handel mit Allacher Porzellan ist schwunghaft und lukrativ. Ausgeblendet wird dabei bis heute, unter welchen Umständen viele der Figürchen, Tassen und Teller hergestellt wurden.

Von Helmut Zeller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: