Aids:Gefährlicher Leichtsinn

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Die Immunschwächekrankheit Aids ist nicht mehr in aller Munde. In Dachau kämpft die Beratungsstelle des Gesundheitsamtes darum, dass die Jugend wachsam bleibt und das Thema nicht verharmlost.

Von Andreas Förster

"Die Gefahr ist nicht gebannt": Hans Bergemann, Leiter des Gesundheitsamts, entnimmt Blut für einen Aids-Test. (Foto: Toni Heigl)

Die gute Nachricht zuerst: Im Gesundheitsamt in Dachau wurden dieses Jahr so gut wie keine Neuinfektionen mit dem HI-Virus registriert. "Unsere Tests waren fast alle negativ", versichert Sozialpädagogin Elisabeth Karl von der Anonymen HIV- und Aidsberatung im Dachauer Gesundheitsamt. Dabei wurden die Tests in diesem Jahr wieder gut nachgefragt - sowohl der kostenlose anonyme Test, bei dem man rund eine Woche auf das Ergebnis warten muss, als auch der kostenpflichtige Schnelltest, bei dem man gegen eine Gebühr von 25 Euro das Ergebnis innerhalb von 30 Minuten erhält. Diesen Schnelltest gibt es erst seit zwei Jahren, er wird auch noch nicht flächendeckend angeboten. Deshalb kommen viele aus weitem Umkreis ins Gesundheitsamt am Klinikum Dachau. "Gerade bei Paaren, die sich frisch kennengelernt haben, wird dieser Test immer beliebter", weiß Elisabeth Karl.

Hans Bergemann ist der zuständige Abteilungsleiter und Amtsarzt des Gesundheitsamts Dachau. Er warnt vor einer Verharmlosung der Problematik. Auch der Welt-Aids-Tag an diesem Sonntag soll an die Risiken erinnern. "Die Gefahr ist nicht gebannt, für Aids gibt es trotz guter Behandlungserfolge keine Heilung, und wer sich nun schon sicher fühlt, der gefährdet sich und seine Mitmenschen", betont der erfahrene Mediziner. Das ist sozusagen die schlechte Nachricht: Gerade Jugendliche scheinen das Thema Aids nicht auf sich und ihr Umfeld zu beziehen. Das erkennt auch Elisabeth Karl, die als Sexual-Pädagogin Beratungen an den Schulen in und um Dachau durchführt: "Die jungen Menschen in Dachau fühlen sich zu sicher. Sie meinen, das Thema Aids betreffe nur die Großstadt, also München." Weit gefehlt.

Die Zahl der Neuinfektionen in Oberbayern liegt heuer bislang bei 143 Fällen, davon 116 in München (Stand: 1. November 2013). Im Vorjahr waren es noch 193 Fälle in Oberbayern und 135 in München. Für die Kreisstadt Dachau werden die Zahlen vom Robert-Koch-Institut nicht eigens erfasst. Dennoch sieht man daran, dass eben nicht nur die Großstädte betroffen sind. Hier setzt das Beratungsangebot des Gesundheitsamtes an. Die Beratungsstelle im Gesundheitsamt ist anonym, doch die Pädagogen gehen auch direkt auf die Menschen zu, insbesondere in den Schulen in und um Dachau. Im Jahr kommen Elisabeth Karl und ihr Kollege Jürgen Klust auf mehr als 30 Termine, bei denen sie gemeinsam die Fragen der Schüler beantworten und über sexuell übertragbare Krankheiten berichten. "Dabei ergeben sich manchmal sehr schöne Gespräche, sogar zwischen den Jugendlichen selbst", sagt sie.

In den Schulen Bayerns ist das Thema Aids seit Jahren Teil des Lehrplans. Im Gymnasium Indersdorf beispielsweise kommen bereits die Fünftklässler zum ersten Mal - noch ganz oberflächlich - im Rahmen des Sexualkundeunterrichts mit dem Thema Aids in Berührung. An der Ludwig-Thoma-Mittelschule in Dachau übernimmt Donum vitae die Beratungsgespräche. Hier werden Jungs und Mädchen getrennt, dadurch fühlen sie sich freier, intime Fragen zu stellen", berichtet Schulleiterin Anja Ruhle.

Einige Schulen in und um Dachau, darunter das Taschner- und das Effner-Gymnasium, fahren mit ihren zehnten Klassen einmal im Jahr zu einem Fach-Vortrag des renommierten Humanbiologen Stefan Zippel an die Uni-Klinik nach München. "Das Feedback ist meistens positiv", versichert Lieselotte Stockinger, Leiterin des Fachbereichs Biologie am Effner-Gymnasium Dachau. "Auch wenn viele Schüler so tun, als sei das alles ein alter Hut für sie."

Auch Renate Polansky, Leiterin der Mittelschule Dachau-Ost, erkennt die Tendenz, dass Aids im Bewusstsein der Schüler in den Hintergrund gerät. "Man hört kaum noch etwas in den Medien darüber, für die Jugend ist das gleich bedeutend, dass man sich damit nicht mehr intensiv auseinandersetzen muss". Umso mehr freut sich Erwin Lenz, Schulleiter des Taschner-Gymnasiums, über die Eigeninitiative der Schülermitveraltung (SMV), die darum gebeten habe, zum Welt-Aids-Tag innerhalb der Pause Aids-Schleifen verkaufen zu dürfen. Auch das Aids-Quiz der Bundeszentrale für gesundheitliche Auflärung (BZGA) erfreue sich großer Beliebtheit.

© SZ vom 30.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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