Kritik:Wandelnder Schelm

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Bodo Wartke springt bei seinem Auftritt in Schloss Suresnes von einem Thema zum nächsten. Ohne Scheu vor Grenzen, manchmal zu weit, aber immer mit Witz.

Von Thomas Becker, München

Schon nach den ersten Takten ist man drin in diesem Abend mit Bodo Wartke. Ein flotter Boogie, und schon wippt das Füßchen. Von da ist es auch nicht mehr weit bis zum Swingerclub, wo sich herausstellt, dass es gar nicht um Musik ... Ha! Späßle gemacht! Ja, auch so ist er, dieser Bodo Wartke: gerne mal ein Schelm. Aber man verzeiht ihm solchen Schabernack. Weil er noch viel mehr in petto hat. So viel, dass er locker eine Handvoll grundverschiedener Konzerte hinlegen könnte: mal den charmanten Schwiegermutter-Traum, mal den ernsten Nachdenker, dann wieder den Gute-Laune-Onkel, gefolgt vom politisch hochmotivierten Aktivisten sowie vom gefühligen Häuptling Warmes Herz. Bodo Wartke ist viele.

Doch da das den Rahmen in Schloss Suresnes sprengen würde, packt er all das in knapp 90 Minuten. "Wandelmut" heißt sein sechstes Programm, das zwar eineinhalb Jahre alt ist, pandemiebedingt aber wenig Gebrauchsspuren aufweist. Wandeln müsse sich einiges, meint er, und da er immer das Lied schreibe, "das gerade dran ist", spielt er erst mal eine frische Version seines Klassikers "Regen", der schon 20 Jahre auf dem Buckel hat. Von Reihe sechs aus sieht der Mittvierziger noch unverschämt jugendlich aus, und wenn er sich aus beruflichen Gründen an die Musik der Teenager wagt, gerät das nicht zur Ranschmeiße, sondern lässt ihn ein neues Genre generieren: den Gangster-Schlager, ein Mashup aus den erfolgreichsten Musikstilen. Das Ergebnis: fulminant, ein großer Spaß. Zuvor hat er Arier auf Scharia gereimt, gegen Kindesmissbrauch durch Priester angesungen, ein paar schlaue Schüttelreime gewortspielert, den Zweifel gegen die Zuversicht antreten sowie Frau und Kind ein herziges Liebeslied zukommen lassen. Es sind fast schon zu viele Sprünge. Wer seinen Lieblings-Wartke aber nun gefunden hat, kann ihn sich auch - Corona macht's möglich - per Zoom ins Wohnzimmer holen: als "PriWARTKonzert", für 30 oder 60 Minuten. Klingt nach wenig, aber jetzt weiß man ja: Er packt da ganz schön viel rein.

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