Blaulicht-Festival:Löschen, helfen, begeistern

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Auf der Theresienwiese zeigen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst ihr Können

Von Philipp Crone

Der Mann sackt direkt an der Bushaltestelle zusammen, bewegt sich nicht mehr. Drei Passanten gehen vorbei, erst nach ein paar Sekunden rennt ein Mann mit Glatze zu dem Liegenden. "Hallo?" Keine Antwort. Der Helfer rüttelt leicht an der Schulter des Ohnmächtigen, hält sein Ohr an dessen Gesicht und sagt: "Atmet nicht mehr." Eine Passantin läuft zur Notrufsäule, ruft den Rettungsdienst, packt einen Defibrillator und bekommt die Nachricht von der Leitstelle: "In fünf Minuten ist jemand da."

Hunderte Fahrzeuge sind auf der Theresienwiese zu sehen, unter anderem Löschwagen der Feuerwehr. (Foto: Catherina Hess)

Neben der Notrufsäule steht ein Mann mit Mikrofon und schaut auf die Szenerie mit dem Bewusstlosen, dem Helfer, der gerade schon den Brustkorb mit rhythmischen Pumpbewegungen bearbeitet, und dreht sich zu den Zuschauern auf der Tribüne. Das Szenario spielt am Samstagmorgen um halb elf Uhr auf der Theresienwiese, Rettungskräfte zeigen in einer Übung, wie man sich verhält, wenn im Alltag jemand umkippt und nicht mehr atmet.

Mit welchen Hilfsmitteln kann man schnell reagieren, darum geht es beim Blaulicht-Festival. Hunderte Fahrzeuge stehen da, alte und neue Löschwagen der Feuerwehr, Hubschrauber, Krankenwagen, Wasserwerfer. An diversen Ständen können sich die Besucher informieren. Und jede Stunde gibt es eine Show, wie die mit dem Bewusstlosen, der gerade beatmet wird. Der Mann mit dem Mikrofon sagt: "Die Überlebenswahrscheinlichkeit sinkt um sieben bis zehn Prozent pro Minute, wenn man nicht mit der Thoraxkompression beginnt."

Auch Rettungshunde zeigen, was sie im Alltag machen. (Foto: Catherina Hess)

Das Technische Hilfswerk führt in einem Wasserbecken seine Pumpen vor, nebenan kann man einen Feuerlöscher ausprobieren. Die wichtigsten Hinweise gibt ein Feuerwehrmann einer jungen Frau: "Am Feuerlöscher ist immer etwas Gelbes, das man erst einmal abziehen muss." Ein Plastikstecker in dem Fall. "Dann gibt es einen roten Knopf, den bitte drücken." Dadurch ist der Feuerlöscher aktiv. Die Frau geht los, ein paar Meter weiter brennt in einem Metallzylinder ein Feuer, das ein- und ausgeschaltet werden kann. Sie löscht das Feuer und bekommt dann die letzte Anweisung: "Wenn Sie zurückgehen, gehen Sie rückwärts und spritzen Sie dabei weiter." Der Löscher kann allerdings mit dem Wasserwerfer-Fahrzeug der Polizei natürlich nicht mithalten, der 30 Meter weiter steht. 10 000 Liter kann der Wagen speichern und bis zu 65 Meter weit spritzen.

Auf Motorrädern der Polizei kann für eine eventuell spätere Karriere schon einmal Probe gesessen werden. (Foto: Catherina Hess)

Beim Rettungsszenario an der Tribüne ist nun der Defibrillator angelegt und die Stimme von Band sagt, dass man sich vom Bewusstlosen entfernen soll. Niemand darf ihn berühren. Dann sagt die Stimme: "Schock wurde abgegeben." Der Mann mit der Glatze geht zurück und pumpt weiter.

Drei Stände weiter steht ein Mitarbeiter der Wasserwacht neben zwei neuen Geräten. Eine Flugdrohne mit Wärmebild-Kamera, die bei Großlagen einen Überblick verschaffen soll. "Aber auch am Feringasee wird die eingesetzt, wenn Eltern ihre Kinder nicht finden", sagt der Mann. Oft reiche es, die Eltern auf Übersichtsbilder schauen zu lassen, die würden dann ihr entlaufenes Kind am Ufer schnell finden. Neben der Drohne ist ein gelbes U-Boot ausgestellt, groß wie ein Dackel. Ganz neu sei das Gerät, koste 1500 Euro und soll bei der Suche nach im Wasser vermissten Personen helfen, bis Taucher einträfen.

Beliebt ist außerdem der Stand der Polizei, an dem ein Motorrad ausgestellt ist. Florian Patz, 41, steht in voller Montur daneben und erklärt: 300 Kilo wiegt das Fahrzeug, ist mit Blaulicht, Martinshorn und Bluetooth-Helm ausgestattet. Eingesetzt werden die Motorräder oft bei Staatsbesuchen wie dem des britischen Thronfolgers Prinz Charles, oder bei mobilen Veranstaltungen wie etwa der Blade-Night oder Stadtläufen. 30 Motorräder hat die Münchner Polizei. Die können maximal 220 Stundenkilometer schnell fahren. Verfolgungsjagden sind aber selten, sagt Polizist Patz, und dann verhalte man sich ohnehin meist taktisch: nicht überwältigen, sondern beobachten, Verstärkung holen. Auf Zeit spielen also und damit das Gegenteil dessen, was Rettungs- und Einsatzkräfte sonst meist machen. Etwa die, auf die der pumpende Mann beim Bewusstlosen wartet.

Als die Ersthelfer vor der Tribüne eintreffen, übernehmen sie, dann kommt auch noch der Notarzt. Die Übung ist damit vorbei, der Bewusstlosen-Darsteller steht auf, die Zuschauer gehen weiter und die jungen Besucher schauen sich staunend um, auf Hubschrauber, Kräne, Rettungshunde. Klar ist: Am Samstag geht die Berufswunschquote Polizist oder Feuerwehrmann bei Münchner Kindern steil nach oben.

© SZ vom 13.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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