Bezirksausschuss:Alles oder nichts

Lesezeit: 2 min

Weil der Bezirksausschuss sein Einverständnis mit den Sanierungsplänen für den Derzbachhof revidiert hat, sieht der Investor das Projekt "auf der Kippe". Abstriche beim Baurecht will er nicht hinnehmen

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Stefan Höglmaier versteht die Welt nicht mehr. Seine Firma Euroboden hat mehr als ein Jahr lang die Sanierung des denkmalgeschützten Derzbachhofs in Forstenried geplant, jedes Detail mit der Lokalbaukommission sowie der Unteren Denkmalbehörde "engst abgestimmt" - und auch erfolgreich um die Zustimmung der Lokalpolitiker geworben. Schon im nächsten Jahr sollten die Bauarbeiten beginnen. Doch plötzlich bauen sich Widerstände auf, liegt der Vorbescheidsantrag für das Vorhaben auf Eis. "Wir sind jetzt in einem Bereich, den ich nicht mehr verstehe", sagt der Immobilienentwickler. Und: "Wenn die Hofsanierung nach unserem Konzept nicht möglich ist, wenn jetzt alles auf Null gestellt werden soll, dann verabschieden wir uns aus dem Projekt." Für ihn steht es bereits "auf der Kippe".

Tatsächlich hat insbesondere der Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln in Sachen Derzbachhof zuletzt eine atemberaubende Wendung hingelegt. Auf die anfängliche Euphorie, endlich einen Investor gefunden zu haben, der sich der Sanierung des ältesten erhaltenen Münchner Bauernhofs annimmt, folgte die grundsätzliche Zustimmung zu den Ideen von Euroboden. Diese sehen neben der Rettung des Hofes aus dem 18. Jahrhundert einen Neubau vor, der architektonisch die landwirtschaftliche Identität des Anwesens betont.

Mittlerweile ist das Lokalgremium von seinem generellen Einverständnis wieder abgerückt. Es soll sich ohnehin nur auf die denkmalschützerischen Aspekte bezogen haben, heißt es neuerdings. Planungsrechtliche Vorbehalte gegen die Umgestaltung des restlichen Anwesens waren tatsächlich immer mitgeschwungen - vor allem, weil sich das Vorhaben in den sogenannten Außenbereich erstreckt. "Dabei wird übersehen, dass etwa zwei Drittel des Grundstücks unbebaut bleiben", sagt Höglmaier. Der BA revidierte dennoch seine ursprüngliche Zustimmung. Inwieweit dabei andere Grundeigentümer Pate standen, die auf Gleichbehandlung pochen, ist nicht klar. Unter dem Druck von Anwohnern und wegen Bedenken des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege forderte der BA im April die Stadt auf, zu prüfen, ob sie den Derzbachhof im Zuge eines Grundstückstausches übernehmen und öffentlich zugänglich machen könne.

Für Stefan Höglmaier ein absurder Einfall. "Es geht uns doch nicht darum, auf einem Ersatzgrundstück in Forstenried irgendeinen Neubau hinzusetzen", erklärte er. Euroboden wolle sich des Derzbachhofs annehmen und ihn durch einen Neubau ergänzen. "Diese Aufgabe hat uns an der Forstenrieder Allee sehr gereizt, sonst nichts." Bisher hätten alle beteiligten Behörden diesen Ansatz für "unterstützenswert" befunden und erkannt, "dass wir leidenschaftliche Denkmalbewahrer sind". Inzwischen müsse man sich besorgt fragen, was aus dem dringend sanierungsbedürftigen, historisch bedeutsamen Hof eigentlich werden soll, wenn das Euroboden-Konzept nicht zum Tragen komme.

Daran festhalten will Höglmaier auf jeden Fall - und Abstriche bei der Anzahl von 19 Wohnungen im Neubau nicht hinnehmen: "Irgendwie muss das Baurecht gegenfinanziert werden." Was die Nutzung des vorderen Gebäudeteils des Derzbachhofs betrifft, zeigt sich der Projektentwickler kompromissbereit. Wenn eine Gemeinschaftsnutzung, etwa ein Hofladen, erwünscht sei, stehe dem nichts entgegen. Bei der jüngsten Sitzung des BA-Unterausschusses Bau und Planung beklagten Vertreter der Bauträgerfirma, die Einwände der Lokalpolitiker hätten "einen Knoten" ins Genehmigungsverfahren gebracht. Dem widersprach der Sprecher des Unterausschusses, Michael Kollatz (SPD). Tatsächlich sei die Skepsis der zuständigen Behörden schon vorher gewachsen: "Bei den Denkmalschützern gibt es unterschiedliche Meinungen." Euroboden müsse sich darauf einstellen, einen neuen Antrag vorzulegen. Dass am Ende die Stadt den Derzbachhof kauft, glaubt indes selbst Kollatz nicht: "Das wird sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht tun."

Am 18. Mai befasst sich der Landesdenkmalrat mit der Angelegenheit. Davon versprechen sich alle Beteiligten zusätzliche Erkenntnisse. Etwa darüber, wie der Derzbachhof langfristig im Bestand gesichert werden kann, unabhängig von den jeweiligen Besitzverhältnissen. Am 16. und 17. Juli ist in Forstenried Dorffest. Die Firma Euroboden will dabei sein, mit Fotoschau und einem Interviewprojekt. Das Thema: die Verbindung von Architektur und Geschichte.

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: