Berg am Laim:Unter Hitzestress

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Ein Bündnis bietet einen digitalen Stadtteiltreff an, um Ideen für den Klimaschutz zu entwickeln. Erste Konzepte für mehr Grünflächen in Berg am Laim gibt es schon

Von Lea Kramer, Berg am Laim

Auf dem Weg von der U-Bahnstation Josephsburg in Richtung S-Bahn geht es unweigerlich an Berg am Laims Ortsmitte vorbei. Dort, am "Grünen Markt", ist gut zu sehen, warum sich eine neue Graswurzelbewegung im Viertel formiert hat. Der Grüne Markt war einst die Trambahnwendeschleife, bis er zum Parkplatz und heute zum Maibaum- und Wochenmarktplatz wurde. Er liegt mit Bücherschrank, Sitzgelegenheiten und einem Trinkbrunnen am Eingang zu einem kleinen Bürgerpark. Zum Verweilen lädt der Grüne Markt an heißen Sommertagen dennoch nicht ein. Dass man das ändern müsste, haben Bewohner des Viertels kürzlich bei einer Videobesprechung diskutiert.

Akteure aus verschiedenen Bereichen zusammenzubringen - das ist inmitten einer globalen Pandemie besonders schwer. Dennoch gibt es seit vergangenem November einen Stadtteiltreff, der sich regelmäßig digital zusammenfindet. Er ersetzt die Stadtteilkonferenz, bei der Bürger seit 2018 über Themen, die den Stadtteil verändern, mitreden dürfen. In der Vergangenheit zogen diese Veranstaltungen Dutzende Menschen aus dem Bezirk an. Bei der zweiten virtuellen Ausgabe kamen immerhin fünfzehn Personen zusammen.

Besonderen Fokus haben die Initiatoren, ein Bündnis aus Berg am Laimer Vereinen, dieses Jahr auf den Klimawandel gelegt. Unterstützt werden sie vom Münchner Verein Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Die Mitglieder gehen den Fragen nach, wie Städte wirksam und nachhaltig umgestaltet werden können und wie jeder Einzelne dabei mithelfen kann.

In einem Vortrag berichtete die Soziologin Amelie Bauer von der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) vom Forschungsprojekt "Grüne Stadt der Zukunft - klimaresiliente Quartiere in einer wachsenden Stadt", das ihr Institut in Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM), dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung und dem Referat für Umwelt der Stadt München sowie dem Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung noch bis Herbst dieses Jahres begleitet. "Aus dem Projekt heraus sollen Handlungsempfehlungen für Städte entstehen, wie sie in Zukunft mit den Herausforderungen des Klimawandels umgehen können", sagte sie. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen ausgewählte Münchner Quartiere wie das Südliche Bahnhofsviertel oder die Messestadt Riem, die sich im Spannungsfeld zwischen Grünflächen- und Wohnraumbedarf befinden.

Erkenntnisse aus der Studie sollten als Anregungen dienen, um in Berg am Laim Projekte anzustoßen, mit denen langfristig das Klima verbessert werden kann. Trotz einiger großer Bauprojekte wird der Grünflächenanteil im Viertel voraussichtlich nicht drastisch reduziert werden, da vor allem alte Fabrikgelände eine neue Nutzung erfahren. Einer Auswertung der Bodennutzung des Statistischen Amts aus dem Jahr 2017 zufolge liegt der Stadtteil Berg am Laim mit einem Grünflächenanteil von 9,6 Prozent im Münchner Mittel (elf Prozent). Groß steigerungsfähig ist der Wert angesichts des Flächenmangels nicht. So fühlten sich viele von Soziologin Bauers Hinweis erkennbar motiviert, dass schon kleine Veränderungen wie begrünte Hinterhöfe, sogenannte Westentaschenparks oder ein bepflanztes Dach das Hitzeempfinden der Menschen positiv beeinflussen könnten.

Auch am Rande des Piusplatzes wird noch Potenzial für die Erweiterung des Grünstreifens gesehen. (Foto: Florian Peljak)

In der Diskussion stellte sich heraus, dass einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Effekte aus der eigenen (Vor-)Gartenerfahrung kennen. So berichtete ein Anwesender von seinem neu begrünten Garagendach, ein weiterer von der erfolgreich angesäten Blumenwiese. Wieder ein anderer Teilnehmer erinnerte sich an die Hochbeete an der Offenbarungskirche, die im Corona-Jahr einen "merklich angenehmen" Platz zum Verweilen geschaffen hätten. Neben diesen kleinen erfolgreichen Projekten gegen den städtischen Hitzestau wollen die Mitglieder den Klimaschutz im Stadtteil auf verschiedenen Ebenen weiter vorantreiben.

Auf einer Karte zeichneten sie dafür gelungene Grünflächen, jene mit Entwicklungsmöglichkeiten sowie Standorte für Baumpflanzungen ein. Eine rote Markierung erhielten vor allem die großen Verkehrsschneisen, also Innsbrucker Ring, Berg-am-Laim-Straße und Kreillerstraße, welche die Teilnehmenden als besonders karg und belastend empfinden.

Vor allem Baumpflanzungen sind den Berg am Laimern ein Anliegen. Ein Teilnehmer verwies auf die Streuobstwiese im Michaelianger. Mehr von diesen Nutzbäumen könne er sich gut im Viertel vorstellen. Bäume, die noch länger als Obstgehölze leben, stehen ebenfalls auf der Wunschliste für ein grüneres Quartier. "Wir müssen für die Nachwelt denken", hieß es. Die Baumschutzbeauftragte im Bezirksausschuss (BA), Brigitte Schulz (Grüne), sieht vor allem im Werksviertel Potenzial. Mit der Erweiterung des Grünstreifens in Richtung Piusplatz solle das Gebiet zwar einen neuen großen Park bekommen, im Werksviertel müssten aber "massig Bäume" nachgepflanzt werden.

Aus den Beispielen für gelungene und weniger gute Grünflächen im Viertel soll nun ein Stadtteilspaziergang entwickelt werden. Der nächste digitale Stadtteiltreff ist für den 25. Februar geplant.

© SZ vom 01.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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