Beratungsangebot:Teenager helfen Teenagern

Lesezeit: 2 min

Lucy und Florian bieten bei "Teens on Phone" eine anonyme Beratung an - und wollen selbst auch nicht erkannt werden. (Foto: Florian Peljak)

Die "Teens on Phone" stehen anderen Münchner Kindern und Jugendlichen bei Problemen mit Rat zur Seite.

Von Melanie Staudinger

Mit zwölf, 13 Jahren ist es oft aussichtslos: Man ist verliebt, doch wie spricht man die Angebetete an? Danach werden Fragen über Sexualität relevant. Ältere Jugendliche quälen sich meist mit Beziehungsproblemen. Oder sie wollen ausziehen, wissen aber nicht, wie sie das anstellen sollen.

Allen gemein ist: Ärger mit den Lehrern oder ständige Nörgeleien, weil man ins Bild der Eltern so gar nicht passen will, beschäftigen Jugendliche immer. Und in Einzelfällen geht es ihnen richtig schlecht: Mobbing, Missbrauch, Suizidgedanken.

Lucy, 17 Jahre alt, und Florian, 18, kennen sich mit den Problemen von Münchner Jugendlichen bestens aus. Seit ziemlich genau einem Jahr engagieren sich die beiden ehrenamtlich bei "Teens on Phone", einem vom Kinderschutzbund getragenen Projekt, bei dem Jugendliche immer samstags andere Kinder und Jugendliche am Telefon beraten.

Unter der Woche übernehmen Erwachsene die Beratung

Geld bekommen sie dafür nicht. Das Angebot gibt es bereits seit 1998. Jeweils von 14 bis 20 Uhr sind die jungen Berater unter 0800/ 1 11 03 33 erreichbar; sie arbeiten immer zu zweit in zwei Schichten. Unter der Wochen übernehmen Erwachsene die Beratung bei der Nummer gegen Kummer.

Schuldnerberatung
:"Die Altersarmut wächst"

Die Schuldnerberatung wird 25 Jahre alt. Die Fallzahl hat sich seit 1990 verzehnfacht

Von Hannah Knuth

Gerade am Samstag aber klingelt das Telefon ständig. Manche Gespräche haben sich in einer Minute erledigt, andere wiederum können mehr als eine Stunde dauern. Bevor die beiden ihre Tätigkeit begannen, haben sie eine Ausbildung absolviert. In insgesamt 70 Stunden beschäftigten sie sich mit Gesetzen, mit Gesprächsführung, den Umgang mit Ausnahmesituationen, etwa bei Depressionen.

Und sie beschäftigten sich mit Sexualität. "Man muss zum Beispiel lernen, wie man am Telefon Fragen zu Verhütungsmitteln und deren Anwendung erklärt", sagt Lucy. Schließlich könne man am Telefon nichts zeigen, nur reden.

Zehn Berater zählt das Projekt derzeit. "Wir sind noch auf der Suche nach weiteren Interessenten", sagt Julia Thalmeier. Sie telefonierte früher auch bei "Teens on Phone", heute koordiniert sie das Projekt. Interessenten sollten zwischen 16 und 21 Jahre alt sein. "Man sollte gut zuhören können und offen sein", sagt Lucy. "Und Geduld haben", fügt Florian hinzu.

Manche finden es witzig, beim Sorgentelefon Pizza zu bestellen

Denn bei "Teens on Phone" melden sich nicht nur Jugendliche, die ein Gesprächsbedürfnis oder Schwierigkeiten haben. "Scherzanrufe gibt es immer wieder", erzählt Florian. Das fange bei vielleicht achtjährigen Kindern an, die es witzig fänden, beim Sorgentelefon eine Pizza zu bestellen. Und endet bei Jugendlichen, die in der Gruppe anrufen und ein Problem erfänden. "Wir legen aber nie sofort auf", sagt Lucy.

Es könne immer sein, dass hinter den genannten Schwierigkeiten nur ein Test stecke. "Manchmal sprechen wir danach oder später über das wahre Problem", sagt Florian. Testanrufer heißen solche Klienten in der Expertensprache.

Schulberatungsstelle
:Wenn Eltern nur das Beste wollen

Zum Zeugnistermin herrscht Hochbetrieb in der staatlichen Schulberatungsstelle. Die Experten müssen sich um immer mehr Sorgen und Probleme kümmern - und mitunter um recht kuriose Anfragen.

Von Melanie Staudinger

Angst vor Überforderung haben Lucy und Florian nicht. Es gebe durchaus Vorteile, wenn Gleichaltrige helfen. Wenn man sich auf Augenhöhe begegne, sei es oft leichter, auch vermeintlich Peinliches anzuvertrauen.

Und wenn ein Berater sich doch einmal überfordert fühlt, kann er an der Supervision teilnehmen. "Da besprechen wir kritische Fälle", sagt Lucy. Probleme ihrer Anrufer nehme sie daher eigentlich nicht mit nach Hause. Was dabei allerdings am meisten hilft: "Wir sind ja nicht alleine in der Beratung, immer zu zweit."

Wer sich für die Ausbildung zum Telefonberater interessiert, kann zum Infotreffen am Donnerstag, 11. Februar, kommen. Beginn beim Kinderschutzbund in der Kapuzinerstraße 9 d ist um 19 Uhr.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: