Politik:Was Sie zur Bezirkstagswahl wissen sollten

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Im Bezirkstag wird über die Bereiche Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur und Umwelt abgestimmt. (Foto: Robert Haas)

Am 8. Oktober wird nicht nur über einen neuen Landtag, sondern auch über neue Bezirkstage abgestimmt. Worüber sie entscheiden und welche Besonderheiten es bei der Wahl gibt - ein Überblick.

Von Miriam Treitinger

Eigentlich ist das ganz einfach: Bei der Bundestagswahl wählt man den Bundestag, bei der Landtagswahl den Landtag und bei der Bezirkswahl eben den Bezirkstag. Wer jetzt aber denkt, dass sich der Bezirkstag zum Landtag etwa so verhält wie der Landtag zum Bundestag, der liegt weit daneben.

Was ist der Bezirkstag?

Der Bezirkstag ist ein bisschen wie ein politisches Paralleluniversum. Neben den Gemeinden, Städten und Landkreisen ist der Bezirk die dritte kommunale Körperschaft. Das heißt, dass er trotz der Größe des Zuständigkeitsgebietes den anderen nicht übergeordnet ist. Denn der Bezirkstag ist für Themenbereiche zuständig, über die die anderen Gremien in Bayern keine Entscheidungsmacht haben.

Worüber entscheidet der Bezirkstag?

Der Bezirk ist für die Bereiche Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur und Umwelt zuständig. In den Bereich Soziales fließen jedes Jahr etwa 90 Prozent des Bezirkshaushalts. Dieses Geld wird zum Beispiel für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung ausgegeben oder für Pflegebedürftige. Der Bezirk kümmert sich um den Bereich Gesundheit auch insofern, als dass er psychiatrische und neurologische Fachkliniken unterhält. In München sind es drei: das Isar-Amper-Klinikum, das Heckscher-Klinikum und das Kinderzentrum München.

Zu den verschiedenen Aufgaben, die der Bezirk im Bereich Umwelt- und Naturschutz hat, gehören zum Beispiel Fachberatungen für Fischerei und Imkerei. Im Bereich Bildung ist der Bezirk zuständig für Förderschulen und Berufsschulen, von denen er der Träger ist. Zum Bereich Kultur gehören verschiedene Museen sowie die Fachberatung für Heimatpflege, das Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popmusik, und das Zentrum für Trachtengewand. Eine besondere Stellung nimmt hier regelmäßig auch das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein.

Wie ist der Bezirkstag aufgebaut?

Ohne Ausgleichs- und Überhangmandate gibt es im Bezirkstag Oberbayern 61 Sitze, davon werden 31 über die Direktmandate vergeben. In der aktuellen Wahlperiode seit 2018 hat der Bezirkstag allerdings insgesamt 82 Mitglieder. So wie im Bundestag und den Landtagen auch, sitzen die Parteien von links nach rechts geordnet nach politischer Ausrichtung.

Alle Bezirksräte sind ehrenamtlich für den Bezirk tätig und erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung. Der Bezirkstagspräsident führt den Vorsitz im Bezirkstag und seinen Ausschüssen, vertritt den Bezirk nach außen und vollzieht die Beschlüsse der Gremien. In Oberbayern ist das aktuell Josef Mederer (CSU), der in der Wahlperiode von 2018 bis 2023 das Amt des Bezirkstagspräsidenten zum dritten Mal bekleidet.

Bezirkstagspräsident in Oberbayern ist derzeit Josef Mederer (CSU). (Foto: Robert Haas)

Wie funktioniert die Bezirkswahl?

So wie bei der Bundestags- und Landtagswahl gibt es eine Erst- und Zweitstimme. Mit der Erststimme wählt man einen Direktkandidaten aus seinem Stimmkreis - die Stimmkreise sind die gleichen wie bei der Landtagswahl. Mit der Zweitstimme kann man entweder für eine bestimmte Person oder pauschal für eine Partei stimmen.

Gibt es eine Fünf-Prozent-Hürde?

Nein, eine offizielle Sperrklausel gibt es nicht. Daher sind im oberbayerischen Bezirkstag aktuell auch kleinere Parteien wie die Bayernpartei oder die ÖDP vertreten. Wer also schon länger mit einer Kleinpartei liebäugelt, kann diese wählen, ohne Angst haben zu müssen, die eigene Stimme zu verschwenden. Durch die Anzahl der Sitze ergibt sich allerdings eine faktische Hürde von etwas unter einem Prozent, die sich, je nach Stimmverteilung, ein wenig verändern kann. So hat 2018 die Tierschutzpartei mit 0,71 Prozent der Stimmen noch einen Sitz erhalten, Die Partei mit 0,60 Prozent aber nicht mehr.

Setzt der Bezirkstag die Bezirksregierung ein?

Nein. Auch wenn die Deckungsgleichheit des Verwaltungsgebiets es vermuten lässt, hat der oberbayerische Bezirkstag nur wenig mit der Regierung von Oberbayern zu tun. Denn diese wird von der Landesregierung eingesetzt, und hat andere Aufgaben. Die Bezirksregierung ist für die Erfüllung von Staatsaufgaben auf Bezirksebene zuständig, nicht aber für die Aufgaben des Bezirkstags. Die Bezirksregierung koordiniert zum Beispiel die Staatsministerien auf Bezirksebene oder berät und beaufsichtigt nachgeordnete staatliche Behörden.

Erst der Bayerische Bezirketag, der aus Vertretern aller bayerischen Bezirkstage besteht, vertritt die Interessen der Bezirke gegenüber dem Landtag, der Staatsregierung, den Landesbehörden und anderen Körperschaften. Zusätzlich informiert und berät er die Bezirke.

Der Bezirkstag von Oberbayern hält seine Sitzungen im Bezirks-Gebäude in der Prinzregentenstraße ab. (Foto: Robert Haas)

Seit wann gibt es Bezirkstage in Bayern?

Das, was heute die Bezirke sind, hieß früher "Kreise". 1808 teilte Maximilian Graf von Montgelas Bayern nach französischem Vorbild in verschiedene Kreise auf und führte Kreisverwaltungen ein. Nach und nach wurden den Kreisen verschiedene Aufgaben übertragen. Zuerst wurde ihnen die Zuständigkeit für die psychisch Kranken zugewiesen, dann errichteten sie Schulen, schließlich wurden ihnen Teile der Sozialhilfe übertragen.

1933 wurden die Kreise im Zuge der nationalsozialistischen Gleichschaltung in die NS-Diktatur eingegliedert. Die Diktatur hat die Selbstverwaltung der von 1938 an sogenannten "Bezirksverbände" vollständig aufgehoben. In ihrer jetzigen Form gibt es die Bezirkstage erst seit ihrer Neukonstituierung 1954. Zuerst wurden sie immer für vier, von 1998 an für fünf Jahre gewählt. Somit ist die Bezirkswahl 2023 die 17. ihrer Art.

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