Ausstellung:Bilder eines Nachbarn

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Moritz Holfelder zeigt in der Färberei Porträts eines Obdachlosen an der Isar

Von Thomas Anlauf

Sie waren eine Zeit lang fast Nachbarn. Der eine lebt in einer Wohnung nahe der Isar, der andere wohnte direkt dort, unter der Wittelsbacherbrücke. Moritz Holfelder, der den Mann unter der Brücke immer wieder besucht hat, weiß nur, dass er Bernd heißt. Jetzt ist er fort, im vergangenen November ließ das Sozialreferat die Obdachlosenlager unter der Wittelsbacherbrücke und der Reichenbachbrücke räumen, die Menschen, die sich dort notdürftig eingerichtet hatten, sind verschwunden. Moritz Holfelder bleiben nur die Fotografien, die er im vergangenen Jahr bei den vielen Treffen von Bernd und den anderen unter der Brücke gemacht hat. 13 dieser Fotos zeigt Holfelder nun in einer Ausstellung in der Färberei, die an diesem Freitag eröffnet wird.

Über viele Wochen hat Moritz Holfelder im vergangenen Sommer den Obdachlosen Bernd besucht und fotografiert. (Foto: Moritz Holfelder)

Moritz Holfelder würde sich nicht als Profifotograf bezeichnen, dennoch arbeitet er seit drei Jahrzehnten auch mit der Kamera. Der Autor, Redakteur und Radiomoderator dokumentiert Architektur, aber auch Natur wie etwa Wellen am Atlantik und Pazifik, 30 Wellenbilder sind auch in der Färberei ausgestellt. "Es geht für mich auch immer um innere Bilder", sagt Holfelder. Die entstehen auch, wenn man die Porträts des Obdachlosen betrachtet. Wer ist dieser Mensch, was ist ihm geschehen? Holfelder hat sich im vergangenen Sommer über viele Wochen langsam den Leuten unter der Wittelsbacherbrücke angenähert, hat Vertrauen aufgebaut. "Ich will sie ja nicht als Opfer darstellen", sagt er. Es ging Holfelder darum, zu zeigen, dass diese Menschen auch einfach Nachbarn sind.

Bernd unter der Brücke an der Isar. (Foto: Moritz Holfelder)

Für den Journalisten ist es eine wunderbare Fügung, dass er die Porträts nun auch in unmittelbarer Nachbarschaft der Wittelsbacherbrücke zeigen kann, in der Färberei an der Claude-Lorrain-Straße. "Ich finde es schön, auch einen Bezug zum Ort herzustellen", sagt der Münchner. Zur Vernissage an diesem Freitagabend um 18.30 Uhr hätte er natürlich auch gern Bernd und die anderen von der Wittelsbacherbrücke eingeladen. Doch seit der Räumung des Camps im November hat Holfelder Bernd nie mehr gesehen.

Die Ausstellung "atlantik pazifik isar" mit Fotos von Moritz Holfelder in der Färberei (Claude-Lorrain-Straße 25, Rgb.) läuft bis 10. März, Samstag und Sonntag 14.30 bis 19 Uhr, Freitag 15 bis 19 Uhr.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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