Ausländische Spieler beim FC Bayern:Der Mann an ihrer Seite

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Breno hat in München und beim FC Bayern kaum Fuß gefasst. Beim Klub heißt es, man habe ihm einen eigenen Betreuer angeboten, er habe aber abgelehnt. Der Verein macht das für ausländische Spieler oft, doch nicht immer gelingt die Integration.

Michael Neudecker

Im September 2011 brannte die Grünwalder Villa nieder, die der Fußballprofi Breno mit seiner Familie bewohnte. Er steht seit Mittwoch vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, betrunken und frustriert über sein Verletzungspech das Haus angezündet zu haben - ein schweres Delikt, auf das bis zu 15 Jahre Haft stehen. Er selbst schweigt zu diesem Vorwurf, erzählt den Richtern aber aus seinem Leben. Klar wird: Borges, wie Breno offiziell heißt, hat in München und beim FC Bayern kaum Fuß gefasst. Für ausländische Spieler engagieren die Bayern oft persönliche Betreuer, doch nicht immer gelingt damit die Integration.

Beim FC Bayern sagen sie, Kiyoshi, ja: ein netter Junge. Bei jeder Mannschaftsbesprechung dabei, bei jedem Training am Seitenrand, bei jedem Spiel auf der Ersatzbank. Manchmal sammelte Kiyoshi nach dem Training die Bälle ein. Nun aber ist Kiyoshi Vergangenheit, ein Ex-Angestellter des FC Bayern München. Sie brauchen ihn nicht mehr, denn Kiyoshi Fujii war der Dolmetscher und Betreuer von Takashi Usami, dem Mittelfeldspieler.

Der wechselt zur TSG Hoffenheim, weitere Japaner haben sie beim FC Bayern nicht. Fujii wird Usami nicht begleiten, man regele das anders, heißt es aus Hoffenheim, wo man auf die große japanische Kommune im nahegelegenen Heidelberg verweist.

Wahrscheinlich also wird sich in der Fußballwelt bald schon niemand mehr an diesen unscheinbaren, jungen Dolmetscher erinnern, der immer neben diesem unscheinbaren, jungen Fußballer herlief. Und doch ist Kiyoshi Fujii gerade dieser Tage, in denen der Brasilianer Breno vor Gericht steht, ein interessantes Beispiel dafür, wie Fußballklubs wie der FC Bayern versuchen, ihre ausländischen Spieler zu integrieren.

Modell persönliche Betreuer

Als der FC Bayern im Juli 2011 den 19-jährigen Takashi Usami gegen eine Gebühr von 300.000 Euro vom japanischen Klub Gamba Osaka ausleiht, ein Offensivspieler, dem ein beachtliches Talent nachgesagt wird, veröffentlicht die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) in Aachen ein Foto von Kiyoshi Fujii: ein lächelnder, jungenhaft aussehender Japaner mit Brille, dazu riesengroß das Wappen des FC Bayern.

Der Fußballklub habe den RWTH-Mitarbeiter Fujii verpflichtet, steht darüber, beide Seiten hätten Stillschweigen zur Ablösesumme vereinbart. Fujii arbeitete in der Projektgruppe "Anthropologische Universalien - Kulturelle Differenzen".

Der FC Bayern holte ihn, weil er das oft so macht, wenn ein ausländischer Spieler kommt, der die Sprache nicht spricht: Persönliche Betreuer zu engagieren, die sich in beiden Ländern auskennen, dem Herkunftsland des Spielers und in Deutschland. Und die sich dann um alles kümmern, was im Leben des Spielers außerhalb des Platzes anfällt.

Der weitaus prominentere Luca Toni etwa, Stürmer und Weltmeister aus Italien, durfte seinen eigenen Physiotherapeuten mitbringen, einen gewissen Gianni Bianchi, der auch heute noch beim FC Bayern arbeitet. Dazu bekam er Michel Zebouni zur Seite gestellt, einen stets adrett gekleideten gebürtigen Münchner mit viel Gel im Haar, der das Verhältnis zu Toni mal in einem kurzen, aber sehr schönen Satz beschrieb: "Wir sind müde, wir haben Hunger, wir lernen Deutsch."

Zebouni half Toni bei der Wohnungssuche, fuhr ihn in dessen SUV zum Training, er regelte seine Abendgestaltung, er saß, das auch, mit ihm im Restaurant Brenner und aß Entrecôte. Er soll sogar manchmal seine Sportsachen gepackt haben.

Die Münchner Südamerikaner dagegen bauten jahrelang auf göttlichen Beistand. Der Mittelfeldspieler Jorginho, der von 1992 bis 1995 beim FC Bayern spielte, führte seinen 1991 bei seinem vormaligen Arbeitgeber Bayer Leverkusen gegründeten Bibelkreis fort; später übernahm Zé Roberto das, sie schufen damit eine Art Integrationsmodell für fußballspielende Brasilianer.

Überhaupt galt vieles, was Leverkusen in den frühen 1990er Jahren für seine zahlreichen Südamerikaner tat, in der Branche als vorbildhaft. Persönliche Betreuer, die dafür sorgten, dass sich die so talentierten wie teuren Kicker wohlfühlten, kannte man vorher in der Bundesliga ja kaum.

Auch Breno gilt als gläubig. Der einzig verbliebene Landsmann im Kader des FC Bayern aber, der Verteidiger Rafinha, der Brenos engste Bezugsperson in der Mannschaft war, hat seine Stärken eher nicht im Ausrichten von Bibelstunden. Breno soll vom FC Bayern eine persönliche Assistenz nach dem Modell Michel Zebouni angeboten worden sein. Er aber habe abgelehnt, heißt es.

Und das ist ja auch eine dieser Fragen, die sich im Fall Breno auftun: Braucht wirklich jeder seinen eigenen Zebouni? Von Usami etwa sagen sie beim FC Bayern, dass es manchmal vielleicht ganz gut gewesen wäre, wenn der Dolmetscher gefehlt hätte. Usami gilt als aufnahmefähig, er hat schnell ein paar Sätze Deutsch gelernt. Mehr aber ist nicht nötig, wenn immerzu jemand dabei ist, der jedes Wort des Trainers simultan übersetzt.

In der Tat will nicht jeder seinen Zebouni. Franck Ribéry nutzte anfangs lediglich die Sprachkenntnisse des belgischen Mitspielers Daniel van Buyten. Die Abendgestaltung aber plante er lieber selbst.

© SZ vom 14.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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