Prozess gegen FC-Bayern-Spieler Breno:"Ein Riesenfeuerball und gigantische Explosionen"

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Der Vorwurf lautet schwere Brandstiftung, ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft: In München hat der Prozess gegen FC-Bayern-Spieler Breno begonnen. Zum Auftakt berichten Zeugen, was in der Nacht passierte, als die Villa des Fußballprofis brannte. Er selbst schweigt zum Tatvorwurf, stattdessen redet er über seine Probleme in München.

Beate Wild

Unsicher betritt Breno den Gerichtssaal. Sofort stürzen sich die Fotografen auf den jungen Mann, der sich schüchtern umblickt. Der Ansturm scheint ihn zu überraschen. Doch natürlich ist das Interesse an dem Prozess, der am Mittwoch vor dem Landgericht München I begonnen hat, groß. Schließlich handelt es sich beim Angeklagten um einen Fußballspieler des FC Bayern München.

Die Anschuldigungen, wegen denen der 22-Jährige vor Gericht steht, wiegen schwer: In der Nacht zum 20. September 2011 soll Breno seine Villa in Grünwald niedergebrannt haben. Der Vorwurf lautet auf schwere Brandstiftung, ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Brandstiftung wird in Deutschland hart bestraft.

Es sind die ehemaligen Nachbarn von Breno, die am ersten Verhandlungstag als Zeugen vernommen. Sie berichten, wie sie das Feuer entdeckten und die Einsatzkräfte alamierten. Alle sind sich einig, dass es sich um ein regelrechtes Flammeninferno gehandelt hat.

"Alles war verqualmt, es hat geknistert, Scheiben haben geklirrt", berichtet das Ehepaar, das um 0.18 Uhr als erstes bei der Polizei anrief. Das Haus habe "lichterloh" gebrannt. Die Flammen seien fünf bis acht Meter hoch gewesen. "Man hat den Brand richtig lodern gehört, die Flammen kamen schnell näher", berichten sie. Glühende Späne seien durch die Luft geflogen.

Nachbar H. sagt, ein junger Mann, barfuß und mit nacktem Oberkörper, habe kurz nach Mitternacht an seiner Tür geklingelt und habe gerufen: "Feuer, Hilfe, brauche Hilfe." Daraufhin habe er die Einsatzzentrale verständigt. Noch während des Telefonats habe er einen "Riesen-Feuerball" auf dem Nachbargrundstück entdeckt. "So was habe ich noch nie gesehen", sagt H., wie ein "Spezialfeuerwerk" habe es ausgesehen. Außerdem habe er drei "gigantische Explosionen" gehört.

Der junge Mann, der geklingelt hatte, sei indes sofort wieder weggelaufen. Nicht getorkel, gesprintet sei er, betont der Zeuge. Parallel dazu alarmiert auch Nachbar I. die Polizei. Er habe Panik gekriegt, weil es so stark gebrannt habe, sagt er. Ein weiterer Nachbar bestätigt: "Als wir aufgewacht sind, stand das Haus schon voll in Flammen."

Nur Giovane Élber ist da

Am Morgen hatte Richterin Rosi Datzmann Breno vernommen. Er versuchte zunächst zwei Sätze auf Deutsch zu sagen. Er entschuldigte sich dafür, dass er die Sprache immer noch so schlecht spricht. Dann ging es auf Portugiesisch weiter, eine Dolmetscherin übersetzte.

Zum Tatvorwurf machte Breno zunächst keine Angaben, stattdessen schilderte er seine Lebensgeschichte. Schon mit zwölf Jahren sei er entdeckt worden und in ein Fußballinternat gekommen, erzählte Breno. Damals wurde er von den Eltern getrennt. "Ich wohnte dann mit den Spielern zusammen. Etwa 200 Kilometer von meinem Heimatort Cruzeiro entfernt." Die Eltern habe er nur alle zwei Monate gesehen.

Mit 16 Jahren wurde er Berufsfußballspieler. Bis zum 18. Lebensjahr blieb er in São Paulo, dann kam er nach Deutschland. Direkt zum FC Bayern. Vermittelt wurde er durch den Fußballspieler Giovane Élber. Im Gerichtssaal sitzt dieser in der Zuschauerbank, in der ersten Reihe. Sonst ist niemand gekommen vom FC Bayern.

"Ich war traurig, weil ich nicht spielen konnte"

Breno sagte aus, dass seine Frau nach drei Monaten mit den drei Kindern nach München nachkam. Beim FC Bayern gab es bereits zwei Brasilianer: Lúcio und Zé Roberto, das habe ihm schon geholfen. Aber die beste Beziehung hatte er wohl zu Rafinha, den er auch am Tag des Brandes getroffen hat. "Die Brasilianer versuchen immer zusammenzuhalten, er ist ein guter Freund von mir", sagte er. Die Vernehmung ging nur langsam und zäh voran. Ein Satz von Breno bleibt im Gedächtnis: "Ich war traurig, weil ich nicht spielen konnte."

Der Prozess entscheidet auch über die Zukunft des Fußballprofis. Sein Vertrag beim FC Bayern München läuft am 30. Juni 2012 aus. Ein Angebot von Lazio Rom soll nur für den Fall eines Freispruchs vorliegen. Wird Breno schuldig gesprochen, steht er ohne Vertrag da. Möglicherweise wäre das das Ende seiner Karriere. "Ich warte jetzt natürlich ab, wie das Verfahren ausgeht", sagte Breno zu seinen Zukunftsplänen. "Ich denke, dass das Gericht in meinem Sinne handeln und das Beste für mich finden wird."

Für die Staatsanwaltschaft allerdings ist die Indizienkette eindeutig. Die Brandnacht sei exakt zu rekonstruieren. Alles habe mit einer schlechten Nachricht begonnen. Breno erfährt am 19. September, dass er erneut am Knie operiert werden muss. Das bedeutet, dass er wieder einmal nicht einsatzfähig ist. Eine große Enttäuschung für den häufig verletzten Brasilianer.

Schon beim Mittagessen mit Frau, Manager und Teamkollege Rafinha soll Breno deshalb angefangen haben, Alkohol zu trinken. Am Nachmittag bechert er angeblich zu Hause weiter. Als am Abend Rafinha vorbeikommt, um mit Breno aufs Oktoberfest zu gehen, raten ihm Ehefrau und Manager ab. Schließlich müsse er am nächsten Tag nüchtern beim Arzt erscheinen. Also fährt er nicht mit zur Wiesn. Im Laufe des Abends verlässt er laut Staatsanwaltschaft dreimal das Haus - frustriert und angetrunken. Angeblich springt er sogar aus dem Badezimmerfenster im ersten Stock. Niemand kann ihn beruhigen.

In München hat der Prozess gegen Bayern-Profi Breno begonnen. Ihm wird schwere Brandstiftung vorgeworfen. (Foto: dapd)

Als er schließlich aus der Küche einen Gegenstand - vermutlich ein Messer - holt und wieder nach draußen läuft, packt seine Frau die drei Kinder ein und fährt weg, um sich und ihre Familie zu schützen. Auch der Manager verlässt das Anwesen. Der betrunkene Breno stürzt mit dem Fahrrad und zieht sich eine Platzwunde am Kopf zu, möglicherweise sogar eine kleine Gehirnerschütterung. Irgendwann kehrt er wieder in sein Haus zurück und beschließt laut den Ermittlern gegen 0:05 Uhr, das Gebäude in Brand zu setzen.

Kurz nach Mitternacht geht der Notruf ein. 13 Minuten später erreichen die ersten Feuerwehrmänner den Einsatzort in Münchens Nobelvorort Grünwald. Doch die Villa in der Portenlängerstraße brennt längst lichterloh, sie ist nicht mehr zu retten. Der Schaden wird später mit einer Million Euro beziffert. Der verwirrte junge Mann, den die Rettungskräfte vor dem Haus auffinden, ist Vinícius Rodrigues Borges, besser bekannt als Breno.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Fußballprofi Brandbeschleuniger benutzt haben, entweder Benzin oder Alkohol, sowie drei Feuerzeuge, die er später den Einsatzkräften übergibt. Das Brandgutachten kommt zu dem Schluss, es gebe keine Hinweise auf einen technischen Defekt. Der Brand sei an mehreren Stellen im Haus ausgebrochen.

"Bei mehreren Brandherden kann man keine Fahrlässigkeit mehr unterstellen", sagte Thomas Steinkraus-Koch, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Man gehe deshalb davon aus, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde. Die Blutprobe, die Breno in der Brandnacht im Klinikum Harlaching entnommen wurde, habe 1,66 Promille ergeben.

In der Verhandlungspause stürzte sich die Presse auf Giovane Élber. Zum Prozess wollte der aber nichts sagen. Nur zum FC Bayern. Breno hätte mehr Unterstützung vom Verein gebraucht "bei der Integration". Der FC Bayern habe "natürlich auch anderes im Kopf", sagte der Ex-Profi, der heute Talente sichtet.

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