Prozess wegen Brandstiftung:Warum Breno Gefängnis droht

Lesezeit: 3 min

Er soll seine Villa in Grünwald abgefackelt haben, dafür drohen ihm viele Jahre Haft: In München hat der Prozess gegen FC-Bayern-Spieler Breno begonnen. Die Schärfe des Gesetzes, die Brandstifter trifft, hat jedoch mehr mit Lehm und lichterloh brennendem Stroh zu tun als mit dem 21. Jahrhundert.

Ronen Steinke

Der Angeklagte ist prominent, der Fall ist spektakulär. In der Nacht zum 20. September 2011 brannte die Grünwalder Villa nieder, die der Fußballprofi Breno mit seiner Familie bewohnte. Er steht seit Mittwoch vor Gericht, die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, betrunken und frustriert über sein Verletzungspech das Haus in Brand gesteckt zu haben - ein schweres Delikt, auf das bis zu 15 Jahre Haft stehen. Denn: Brandstiftung wird hart bestraft, das hat historische Gründe.

Von dem unbändigen Appetit, mit dem Flammen einst eine ganze Stadt verzehren konnten, bekam man vor zwei Wochen in Coburg eine Ahnung: Ein Feuer, das um Mitternacht im Dachstuhl eines Hauses aus dem 16. Jahrhundert ausgebrochen war, griff in Windeseile auf die Nachbarschaft über. Die Flammen sprangen von Fachwerkhaus zu Fachwerkhaus, von Strohdach zu Lehmdach, kein Sicherheitsabstand hinderte sie daran und keine Brandschutzmauer.

Feuerstürme dieser Art gibt es heute kaum mehr; der Weg der Flammen ist mühsam geworden - dank Beton und Glas. Als ein Feuer in der Villa des Fußballprofis Breno ausbrach, endete dessen kurzer Weg schon an der Garage. Die Schärfe des Gesetzes aber, die Brandstiftern entgegenschlägt, hat mehr mit Lehm und lichterloh brennendem Stroh zu tun als mit dem 21. Jahrhundert. In ihr steckt noch eine Urangst, die das Recht lange zu bizarren Exzessen antrieb.

Die Nutzlosigkeit der Brandstiftung, ihre pure Destruktivität verstörte die Menschen schon im Mittelalter. Wer Feuer lege, sei einer, der keinen Gewinn aus seiner Tat beziehe, schrieb 1556 der europäische Rechtsgelehrte Joos de Damhouder. Er handle allein aus nocendi libido, aus der Lust, Schaden zuzufügen, und damit handle er noch niederträchtiger als jeder gewöhnliche Dieb oder Halsabschneider.

Die Brandstiftung wurde in der Peinlichen Halsgerichtsordnung des deutschen Reichs von 1532 als "boshafft" bezeichnet. Brandstiftung sei noch verachtenswerter als Mord, befand 1770 William Blackstone, seinerzeit der einflussreichste englische Rechtsgelehrte. Denn der einfache Mord gehe nur "selten über den geplanten verderblichen Akt hinaus", während das Feuer eine unkontrollierbare Vielzahl von Menschen mitreißen könne - Bekannte wie Unbekannte, "Freund wie Feind".

Die Latte liegt hoch

Das heutige Strafgesetz kommt ohne solche Moralisierungen aus. Es ahndet die Brandstiftungsdelikte aber immer noch auffallend hart, mit Strafen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsentzug. Es stellt sogar den misslungenen Versuch der Tat ausdrücklich unter Strafe, wie sonst nur bei Vergehen gegen Leib oder Leben. Auf eine mildere Strafe kann ein Brandstifter hoffen, wenn er das Gericht davon überzeugt, dass er absolut sicher gegangen ist, keine Menschen zu gefährden - wenn er zum Beispiel jedes Zimmer des Hauses vorher abgesucht hat. Diese Latte liegt freilich sehr hoch.

Der Täter haucht, indem er einen Brand entfacht und die Flammen aus der Hand gibt, der Zerstörung ein Eigenleben ein. Noch heute ist der Tatbestand der Brandstiftung schon von diesem frühen Moment an erfüllt - es genügt, dass die Flamme selbständig weiterbrennt, dass also ein Schaden eintreten könnte. Und wer verstehen will, wie das moderne Präventionsstrafrecht, das die Strafbarkeit immer weiter nach vorne verlagert hat, seinen Siegeszug antreten konnte, der findet hier seinen Ursprung. Der Augsburger Jurist Michael Johannes Pils hat das in seiner 2010 erschienenen Studie "Die rechtsgeschichtliche Entwicklung der Brandstiftung" nachgezeichnet.

"Brandbrief" nannte Kaiser Friedrich Barbarossa 1187 das Gesetz, mit dem er jeden Zündler zum inimicus erklärte, zum Feind der Gesellschaft. Die Kirche sprach zugleich von pestes incendiari, von der Seuche der Brandstifterei, welche die Lunte an die gesamte societas humana lege, also die Gemeinschaft der Menschen. Brände verbreiteten Angst und Schrecken. Wer damit spielte, wurde exkommuniziert. Und im 17. Jahrhundert verhörte die Obrigkeit in Deutschland Bettler, arbeitslose Soldaten oder "umbschwaifendes Gesindt" unter Folter, wann immer ein Verantwortlicher für einen Brand gesucht wurde.

So auch in Bayern. "Gefaehrlich und fuersetzlich Feuer-Legung an Haeusern, Gebaeuden, Waldungen, Feldfruchten, Holz-Hausen und anderen fremden oder eigenen Sachen sowohl in als ausserhalb der Staedten, Maerckten, Doerffen" solle mit "lebendiger Verbrennung gestraft" werden, schrieb 1751 sogar der aufgeklärte Rechtsberater des Königs, Wiguläus Xaver Alois Freiherr von Kreittmayr. Selbst dann, wenn niemand geschädigt wurde, solle der Täter seines "hoechst gefaehrlichen Unternehmens halber" noch geköpft werden.

© SZ vom 14.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: