Au:"Wir sind fassungslos"

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In der Au fehlen plötzlich Hortplätze: Das Haus für Kinder wird 2016 saniert und nimmt schon jetzt niemanden mehr an

Von Renate Winkler-Schlang, Au

"Einzelschicksale versorgen wir nicht." Diesen Satz hat ein Vater von Zwillingen, die im Herbst an der Grundschule Mariahilfplatz eingeschult werden, nach seiner Aussage am Telefon von einem Mitarbeiter des Referats für Bildung und Sport (RBS) zu hören bekommen. Diese Familie und mindestens zehn weitere stehen vor einem Problem: Sie haben noch keinen Hortplatz. Damit haben sie nicht gerechnet, die Au gilt als ausreichend versorgt, in den vergangenen Jahren gab es keine Kapazitätsprobleme, nicht zuletzt dank des Hauses für Kinder am Mariahilfplatz 17 a. Doch letzteres ist sanierungsbedürftig, und an Pfingsten sollen die Handwerker kommen - in rund zehn Monaten also. Die Einrichtung nimmt schon in diesem Herbst vorsorglich keine neuen Kinder mehr auf. Das aber haben die Eltern nicht etwa bei der Einschreibung im April erfahren, sondern erst jetzt, kurz vor der Sommerpause - zu spät, um noch selbst eine Initiative zu gründen. Es sei nicht einmal einfach gewesen, die anderen Betroffenen kennenzulernen: "Die Dunkelziffer ist vielleicht hoch." Die Rektorin der Grundschule etwa habe von den Eltern von der Misere erfahren.

"Wir sind fassungslos": Im Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen machten die Eltern ihrem Ärger Luft. Bei besagtem Telefonat sei von Seiten des Bildungsreferates auch noch der Satz gefallen: "Wir wussten schon, dass uns diese Situation um die Ohren fliegen wird." Eine Lösung hatte das Amt aber laut den Betroffenen nicht parat, nur einen Rat: Sie sollten eben in der Nähe ihres Arbeitsplatzes einen Gastschulantrag stellen. So werden Kinder, die im Sprengel heimisch sind, morgens von ihrem Mamas nun wohl mit nach Pasing oder sogar nach Ottobrunn genommen. Andere Frauen bangen noch darum, ob sie Betreuung finden und ihre Arbeit behalten können. "Das bleibt mal wieder an den Müttern hängen", kritisiert der Vater.

Im Bezirksausschuss stießen die Eltern auf Verständnis. Die Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD) erklärte, das Haus für Kinder sei wirklich sanierungsbedürftig, doch dem BA habe die Behörde bisher keine Pläne vorgelegt. So alternativlos könne man die Eltern nicht allein lassen. Diese hatten vorgeschlagen, dass die Einrichtung im September alle Kinder aufnehmen und dann nach einem Ausweichquartier für alle suchen solle. Notfalls müsse man die Sanierung verschieben, Container auf dem Mariahilfplatz aufstellen oder wenigstens die Eltern bei der Gründung einer eigenen Initiative mit Räumen in der Schule und Hilfe bei der Personalsuche unterstützen.

Der Bezirksausschuss will umgehend mit dem Referat für Bildung und Sport ein "Krisengespräch". Der Aufnahmestopp solle sofort aufgehoben werden, jetzt für Mai 2016 vorzusorgen, sei "widersinnige Leerstandspolitik". "Wir müssen den Zeitdruck rausnehmen", hieß es. Sicherlich habe das Haus für Kinder ohnehin das nötige Personal auch für die Betreuung der jetzt abgewiesenen Schüler. Nutzen könne man vielleicht einen Pavillon der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG, im dem derzeit nur ein Bauleiter nutzt. Die Eltern schöpften ein wenig Hoffnung. Doch einer Mutter war klar: "Wir setzen uns jetzt so ein - und wissen nicht einmal, ob wir überhaupt vorne auf der Warteliste wären."

Im Referat für Bildung und Sport ist Sprecherin Gisela Oberhuber ihrerseits fassungslos über die Vorwürfe. Sie könne sich nicht vorstellen, dass ein Mitarbeiter ihres Hauses solche Auskünfte gebe wie von den Eltern berichtet. Im Gegenteil: Die Elternberatungsstelle kümmere sich ja gerade individuell um jeden einzelnen Fall.

Sicher sei, das Haus für Kinder werde nicht geschlossen. "Das machen wir nie, wir suchen ein Übergangsquartier." Dass das Haus für Kinder "noch" keinem neuen Bewerber eine Zusage gemacht habe, sei in dieser Lage verantwortungsbewusst gewesen. "Das ist kein Aufnahmestopp." Das könne sich noch ändern, wenn nach einer Machbarkeitsstudie der ganz genaue Sanierungstermin feststehe. Frühere Info? "Das sagt sich so leicht", seufzt die Sprecherin. Derzeit befinde man sich in einer "verzwickten Übergangssituation".

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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