Anlagebetrug:Apotheker wird um 2,26 Millionen Euro betrogen - und zieht Anzeige zurück

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"Die Ceauşescu-Familie ist zu einer Sehenswürdigkeit auf einer Touristenführung geworden", heißt es bei Lavinia Branişte. In der Privatresidenz des Ehepaars Ceauşescu kann man sich zum Beispiel das goldene Badezimmer ansehen. (Foto: Vadim Ghirda/AP)
  • Ein Münchner Apotheker soll von einem Betrüger um 2,26 Millionen Euro gebracht worden sein.
  • Der Apotheker zeigte den Betrüger an, ist inzwischen aber doch nicht mehr an einer Verurteilung des Mannes interessiert.
  • Am Montag hat der Prozess am Landgericht München I begonnen.

Von Christian Rost

Mit einer unglaublichen Geschichte über geheime Golddepots des früheren rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu soll ein Autohändler einen Münchner Apotheker um ein Vermögen gebracht haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 36-jährigen Caius J. vor, dem mutmaßlich Geschädigten in den Jahren 2011 bis 2014 insgesamt 2,26 Millionen Euro abgeschwatzt zu haben. Seit Montag muss sich J. wegen schweren Betrugs in 32 Fällen vor der 10. Strafkammer am Landgericht München I verantworten.

Das bemerkenswerte an diesem Fall: Der Apotheker ist an einer Verurteilung des Mannes gar nicht interessiert. Das war voriges Jahr noch ganz anders, als der 52-jährige Apotheker Caius J. bei der Polizei anzeigte. Seinen Angaben zufolge hatte er ihm hohe Bargeldsummen, Goldbarren und -münzen regelrecht hinterhergeworfen, um an noch viel mehr Geld zu kommen.

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J. soll dem Geschädigten laut Anklage erzählt haben, dass er über Kontakte zur rumänischen Justiz und Politik verfüge. Dadurch könne er Golddepots bei der rumänischen Staatsbank, welche zur Zeit des Diktators Ceaușescu angelegt worden seien, zu erheblich unter dem jeweiligen Tageswert liegenden Preisen auslösen. Um an die Golddepots zu kommen, benötige er aber Vermögenswerte. Falls der Apotheker also investieren würde, bekäme er einen Teil des Kuchens ab. Die Rechnung des Autohändlers: das Gold aus den Depots mit 30 Prozent Gewinn weiterverkaufen. Daraus ergäbe sich ein Gewinn für den Investor von 15 Millionen Euro.

Der Apotheker händigte J. laut Staatsanwaltschaft bei 32 Treffen Geld oder Gold aus: Einmal waren es 10 000 Euro, einmal 220 000 und einmal sogar 750 000 Euro. Bei anderer Gelegenheit übergab der Mann 33 kleine Goldbarren zu je fünf Gramm, 34 Barren zu je zehn Gramm, drei Barren zu je 100 Gramm, vier Barren zu je 500 Gramm und diverse Goldmünzen im Gesamtwert von rund 168 000 Euro.

Der Hauptbelastungszeuge ist wertlos für die Anklage

Weil die Geschichte über die rumänischen Golddepots nicht stimmte, sah der Apotheker seine Investition nie wieder. Er hatte sich zwar vermeintlich abgesichert, indem er dem Autohändler sein Geld und Gold nur gegen entsprechende Darlehensvereinbarungen herausgab. Diese Darlehensverträge könnten sich aber zu einem Bumerang für den Apotheker entwickeln.

Laut dem Gesetz über das Kreditwesen dürfen Darlehen in diesem Umfang nur mit einer Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vergeben werden. Wer dagegen verstößt, macht sich strafbar und riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Dieser Umstand wurde dem Apotheker offenbar erst klar, nachdem er Anzeige gegen den mutmaßlichen Betrüger erstattet hatte. Jedenfalls zog der Geschädigte kurz vor Prozessbeginn seine Strafanzeige zurück.

Im Zeugenstand verweigerte der 52-Jährige am Montag die Aussage, um sich nicht selbst zu belasten. Dies gestand die Kammer dem Mann auch zu. In die Hände spielt das dem Angeklagten, der das Geschehen stumm und nicht unglücklich verfolgte, und seinen Verteidigern: Der Hauptbelastungszeuge ist nun wertlos für die Anklage. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 28.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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