Angebot der Kirchen:Auf der Suche nach dem perfekten Weihnachts-Gottesdienst

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Der verschneite Liebfrauendom und die Mariensäule in München. Aber ist der Dom die richtige Kirche oder soll es doch lieber ein anderer Gottesdienst sein? (Foto: Alessandra Schellnegger)

Da kümmert man sich das ganze Jahr nicht um die Kirchen und dann soll man den einen, perfekten Gottesdienst zu Weihnachten finden - wie soll das denn gehen? Die SZ gibt ein paar Tipps für die Festtage

Christmette und "Stille Nacht" gehören für viele genauso zum Fest wie Christbaum und Geschenke. Aber dumm ist das ja schon irgendwie: Da interessiert man sich sonst kein bisschen für die Kirchen, und dann soll man sich plötzlich aus Hunderten von Angeboten an Weihnachtsgottesdiensten, die es allein in der Münchner Innenstadt gibt, den einen ganz besonderen heraussuchen. Die SZ gibt deshalb ein bisschen Entscheidungshilfe.

Für Kinder und Familien:

Manche kirchliche Krippenspiele für Kinder an Heiligabend haben sich zu regelrechten Theaterinszenierungen ausgewachsen, und tatsächlich gibt es eines, bei dem professionelle Schauspieler auftreten. Bei der Krippenfeier in St. Paul um 16.30 Uhr stellen Ensemble-Mitglieder der Kammerspiele die Geschichte von Bethlehem nach. Kindermetten gibt es um 15 Uhr unter anderem in St. Anna, um 16 Uhr in St. Bonifaz und St. Ludwig und um 16.30 Uhr im Alten Peter.

Viele evangelische Kirchen bieten für die Allerkleinsten Zwergerlgottesdienste an, etwa schon um 11 Uhr in der Kreuzkirche, um 13.30 Uhr in der Stephanuskirche oder eine Stunde später in St. Matthäus, der Erlöser-, Johannes-, Gethsemane- und der Himmelfahrtskirche Sendling. Familiengottesdienste gibt es in der Stephanuskirche (15 Uhr), in St. Markus, der Kreuz-, Gethesemane-, Passions- und Himmelfahrtskirche (15.30 Uhr) sowie St. Johannes und der Erlöserkirche (16 Uhr).

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Für Nachtschwärmer:

Der Begriff Christmette kommt eigentlich von der Matutin, dem Stundengebet nach Mitternacht. Doch an diese zeitliche Vorgabe hält sich keine der großen Innenstadtkirchen am Heiligen Abend mehr, am ehesten feiert man im Alten Peter noch im Wortsinn eine Mette: Die Feier beginnt mit einer Krippenlegung um 23.15 Uhr, das Weihnachtsevangelium dürfte gegen Mitternacht verlesen werden.

Die evangelischen Kirchen beginnen ihre nächtlichen Gottesdienste in der Regel um 23 Uhr, eine Stunde früher ist nur die Matthäuskirche dran. 22 Uhr hat sich bei den meisten katholischen Kirchen der Innenstadt als Anfangszeit etabliert, sei es im Dom, in St. Michael oder in der Bürgersaalkirche. Um 22.30 Uhr geht es unter anderem in der Heilig-Geist-Kirche und in St. Bonifaz los. Fast überall gibt es aber eine halbe Stunde zuvor weihnachtliche Musik zur Einstimmung. Selbst wer dazu pünktlich kommt, findet aber meist keinen Sitzplatz mehr. Eine Stunde vorher da zu sein empfiehlt sich - oder man geht gleich zur Tagesschau-Zeit in die Christmette: Die Theatinerkirche bietet den Gottesdienst um 20 Uhr an.

Für Freunde gepflegter Rhetorik:

Die Wahl des Gottesdienstes könnte auch vom Prediger abhängen. Kardinal Reinhard Marx spricht in der Regel frei und stellt sich ebenso vor sein Kirchenvolk im Dom: am Heiligen Abend um 22 Uhr und am Ersten Feiertag um 10 Uhr. Sein Lieblingsthema ist die soziale Frage, um Solidarität in der Gesellschaft wird es auch in der Weihnachtspredigt gehen. Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm gilt als feingeistiger Intellektueller. Er wird am ersten Feiertag um 10 Uhr in St. Matthäus darüber predigen, wie die Weihnachtsfreude gegen Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit wirken kann. Auch dank seines sozialen Engagements und seiner Fernsehauftritte ist Rainer Maria Schießler für viele Münchner der prominenteste katholische Pfarrer. Er feiert in St. Maximilian am Heiligen Abend um 22.30 Uhr und am Weihnachtstag um 10.30 Uhr Gottesdienst.

Als großer Rhetoriker und Seelsorger gilt der Jesuit Karl Kern, Kirchenrektor von St. Michael. Dort hält er bei der Christmette um 22.30 Uhr die Predigt. Johannes Eckert, überaus beliebter Abt von St. Bonifaz, spricht am Heiligen Abend um 22.30 Uhr, tags darauf um 9.30 Uhr. Anerkannt als Prediger ist auch der Dominikanerpater Christophe Holzer, der am Heiligen Abend um 20 Uhr in der Theatinerkirche sprechen wird. Die evangelische Stadtdekanin Barbara Kittelberger feiert am Heiligen Abend um 17.30 Uhr die Christvesper in St. Markus, Pfarrerin Beate Frankenberger um 17 Uhr in St. Lukas. In St. Matthäus predigt am selben Abend um 22 Uhr Pfarrer Norbert Roth.

Für Klassik-Fans:

Die Festgottesdienste zu Weihnachten sind auch deshalb so beliebt, weil sie klassische Musik auf höchstem Niveau zum Nulltarif bieten. Und keineswegs nur Altbekanntes: So ist am Zweiten Weihnachtsfeiertag um 9 Uhr in St. Michael etwa die Messe solennelle No. 3 des wenig bekannten Spätromantikers Alexandre Guilmant zu hören. Seltenes aus Frankreich gibt es am selben Tag um 10 Uhr in St. Anton (Messe brève No. 7 von Charles Gounod).

Den künstlerisch wertvollen Auftakt zum Fest macht aber der Münchner Motettenchor, der am Heiligen Abend um 16 Uhr die Vesper in St. Matthäus gestaltet. Tags darauf singt er um 10 Uhr, begleitet vom Residenzorchester. Für Katholiken gibt es ein paar Weihnachtsklassiker, allen voran die Pastoralmesse des schwäbischen Romantikers Karl Kempter. St. Peter hat sie für die Christmette angekündigt, zudem noch St. Rupert (22.30 Uhr) und St. Ursula (23 Uhr). Die Pastoralmesse von Diabelli, auch ein Weihnachtsklassiker, gibt es am Heiligen Abend um 22.30 Uhr in St. Maximilian, am ersten Feiertag um 11 Uhr in HeiligGeist.

Im Dom setzt man an Heiligabend und am ersten Feiertag auf das Werk von Max Eham, der dort Domkapellmeister von 1969 bis 1990 war. In St. Michael gibt es in der Heiligen Nacht Auszüge aus Bachs Weihnachtsoratorium. Ansonsten gibt es unter anderem Messen von Mozart am Heiligen Abend in der Bürgersaalkirche (22 Uhr; Pastoralmesse in G), am ersten Feiertag in der Theatinerkirche (10.30 Uhr, Missa brevis in G). Schuberts Messe in G-Dur wird am selben Tag gleich zwei Mal aufgeführt: Um 9 Uhr in St. Michael und um 9.30 Uhr in St. Bonifaz.

Für Traditionalisten:

Eine besondere Tradition wird im Alten Peter und St. Ursula gepflegt: Dort wird vor der Christmette die feierliche Ankündigung der Geburt des Herrn aus dem Römischen Martyrologium vorgetragen, das die Geburt Jesu Christi in Beziehung zu geschichtlichen Ereignissen setzt.

In der Bürgersaalkirche gibt es während der Christmette eine feierliche Prozession mit dem Augustiner-Christkindl. Die in Bänder gewickelte Wachsfigur stammt aus dem Kloster der Augustinerbarfüßer und wurde bereits in früheren Jahrhunderten hoch verehrt, besonders von Frauen, die sich Schutz für ihre Kinder erhofften. Von Montag, 25., bis Samstag, 30. Dezember, wird jeweils um 17 Uhr eine Christkindlandacht gefeiert.

Für Soziale:

Besondere Angebote gibt es für Obdachlose und diejenigen, die ihnen helfen möchten. Am Heiligen Abend um 11.30 Uhr feiert Pfarrer Thomas Römer in St. Matthäus eine Weihnachtsfeier für sie. Mehr als 800 Gäste werden um 18 Uhr zur Feier des Katholischen Männerfürsorgevereins im Hofbräuhaus erwartet. 100 Ehrenamtliche kümmern sich dort um die Wohnungslosen. Finanziert wird dies unter anderem vom SZ-Adventskalender.

Für Gehörlose:

Eine Christmette für hörgeschädigte und gehörlose Menschen findet am Heiligen Abend um 13 Uhr in St. Elisabeth statt. Alle Texte werden sowohl in Gebärden- als auch in Lautsprache vorgetragen und zusätzlich visualisiert.

Für Fernsehzuschauer:

Das Bayerische Fernsehen überträgt am Ersten Feiertag um 10 Uhr aus der Lukaskirche den evangelischen Gottesdienst mit Pfarrerin Beate Frankenberger und Regionalbischöfin Susanne Breit-Kessler. Gestaltet wird die Feier vom Lukaschor. Die Gottesdienste im Dom am 24. Dezember um 22 Uhr und am 25. Dezember um 10 Uhr werden unter www.erzbistum-muenchen.de/stream im Internet übertragen.

Für Menschen in Not: Wer mit dem Weihnachtstrubel nicht so gut zurecht kommt, traurig oder alleine ist, kann sich an die evangelische und katholische Telefonseelsorge wenden (0800/ 111 0 111 bzw. 0800/ 111 0 222). Es gibt eine eigene Nummer für Kinder und Jugendliche: 0800/ 111 0 333.

Fürs Gefühl: Und wo wird nun wirklich der stimmungsvollste Gottesdienst in der schönsten Kirche gefeiert? Unser Tipp: am ersten Weihnachtsfeiertag, um 15.30 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche an der Pacellistraße. Der Geschenkestress ist vorbei, die Gans verdaut - jetzt kann die Seele barock genießen.

Weitere katholische und evangelische Gottesdienste im Großraum München finden sich im Internet unter www.erzbistum-muenchen.de/gottesdienste und www.muenchen-evangelisch.de

© SZ vom 23.12.2017 / kc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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