Waffenhändler-Prozess:David S. hat sich akribisch auf seinen Amoklauf vorbereitet

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Ein Denkmal am Olympia-Einkaufszentrum zeigt die Opfer der Bluttat, zu der nun immer mehr Details ans Licht kommen. (Foto: Johannes Simon)
  • David S. hat sich bereits ein Jahr vor dem Amoklauf am Olympia-Einkaufszentrum auf einen Anschlag vorbereitet.
  • Er bemühte sich unter Pseudonymen darum, im Darknet eine Waffe zu kaufen.
  • Die Treffen zwischen dem angeklagten Waffenhändler und David S. waren offenbar mehr als nur kurze Begegnungen.

Von Martin Bernstein

Amokläufer David S. hat sich schon mit 17 - ein Jahr vor der Bluttat am Olympia-Einkaufszentrum - auf seinen Anschlag vorbereitet. Er hat mögliche Tatorte ausgekundschaftet, darunter das Moosacher Jugendcafé, hat sich in Waffenforen informiert und zwei falsche Facebook-Accounts angelegt, beide unter türkischen Namen. Das ist das Bild, das sich im Prozess gegen den Mann ergibt, der ihm die Waffe verkaufte. So bemühte sich der Münchner Schüler unter zwei verschiedenen Pseudonymen im Darknet darum, eine Waffe zu bekommen.

Dass diese Waffe eine Glock 17 sein sollte, stand für S. schon im Sommer 2015 fest. In der Waffen-Sektion des Forums "Deutschland im Deep Web" (DiDW) suchte er als "maurächer" nach einem Händler und beteiligte sich schon 2015 an einer Internetauktion einer derartigen Pistole. Mit 1650 Euro Gebot landete der Münchner Schüler jedoch nur auf Rang vier.

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Schließlich wurde S. bei dem Kölner Philipp K. fündig. Der 32-Jährige, der sich "Rico" nannte, galt unter den Waffennarren im Forum als ein Außenseiter. Einer beschrieb ihn als "Händler, der den Sammler nur spielte". Rico und Maurächer tauschten zahlreiche Nachrichten aus, der Händler bot neben der Glock 17 noch weitere Waffen an.

Zunächst wurde Köln als Übergabeort vorgeschlagen, damit war S. jedoch nicht einverstanden. Schließlich trafen sich die beiden am 20. Mai 2016 zur Waffenübergabe in Marburg. Vier Tage vor den neun Morden fand ein zweites Treffen statt. Diesmal wechselte Munition den Besitzer.

Die Treffen zwischen Händler und Kunde waren offenbar mehr als nur kurze Begegnungen. Einmal ging man sogar zusammen zum McDonalds am Marburger Busbahnhof. Die Frage, die für den Prozess gegen Philipp K. von entscheidender Bedeutung sein wird: Erzählte David S. dem Waffenhändler dabei von seinen Plänen?

Ja, behauptete ein Mitglied des Darknet-Forums - und mehr noch: K. habe gewusst, dass David S. türkischstämmige Migranten ermorden wollte, und habe sich darüber gefreut. Das Problem für das Gericht: Mehr als das Pseudonym "blab" wissen die Ermittlungsbehörden von dem Mann nicht.

Ein weiterer Belastungszeuge, zeitweise Mithäftling des Waffenhändlers, meldete sich am Dienstag erst einmal krank. Und die ehemalige Freundin des Angeklagten, der er nach der Tat "stolz" einen Zeitschriftenbericht über den Amoklauf gezeigt haben soll, schwieg am Dienstag, um sich nicht selbst zu belasten.

David S. hatte vor seiner Tat in zumindest zwei Fällen Andeutungen gemacht, was er plante. So ließ er sich von Mitpatienten in der psychosomatischen Klinik bereits im Sommer 2015 mit "Amokläufer Z" ansprechen. Und in einem Forum für Online-Spiele trat David S. unter dem Bild des Amokläufers von Winnenden auf. Dort schrieb er, er sei dessen Geist - "und ich werde zurückkommen".

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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