Altstadt:Baustelle vernichtet Parkplätze

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Weil die U-Bahn-Drehscheibe Sendlinger Tor umgebaut wird, finden Autos im Hackenviertel kaum noch freie Plätze. Nun wird die Forderung laut, die endgültige Einführung der Fußgängerzone in der Sendlinger Straße zu verschieben

Von Thomas Kronewiter, Altstadt

Wenn die Bürger der Altstadt in wenigen Tagen mit der ersten Bilanz des Fußgängerzonen-Versuchs in der Sendlinger Straße konfrontiert werden, ist ein spannender Abend garantiert. Denn mit der Eröffnung der nächsten Großbaustelle in der Innenstadt, des Umbaus der U-Bahn-Drehscheibe Sendlinger Tor, hat sich die Parksituation in diesem Teil der Altstadt offenbar erheblich verschärft. Wie Bettina Rexer, Sprecherin der Bürgerinitiative Pro Sendlinger Straße, in der Sitzung des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel am Dienstagabend zu Protokoll gab, werde es mittlerweile "ganz schön kriminell".

Mit Einrichten der Baustelle, erläuterte Anwohnerin Rexer, seien weitere Parkplätze weggefallen. Bereiche, in denen zum Teil auch widerrechtlich Autos abgestellt worden seien, würden nun von Containern besetzt. Auch gegenüber einem Motel an der Herzog-Wilhelm-Straße habe es zwei Stellplätze getroffen, ähnliche Verluste habe es am Färbergraben und in der Schmidstraße, also im ganzen Hackenviertel gegeben. "Nachts um zehn findet man schon noch etwas, aber zu normalen Zeiten gibt es jetzt keine Parkplätze mehr." Wer es sich nicht leisten könne, 200 Euro im Monat allein für einen Garagenparkplatz zu zahlen, habe ein Problem. Rexers Vorschlag: Mögliche Stellflächen, die noch nicht formal durch die Kennzeichnung der "Blauen Zone" als Parkplätze freigegeben sind, sollten zur Verfügung gestellt werden. Einen konkreten Platz hat sie selbst schon ausgemacht: An der Tankstelle Herzog-Wilhelm-Straße 15 gebe es vier Plätze, wo zwar kein Verbotsschild stehe, aber eben auch keine blauen Linien aufgemalt seien.

Die Bagger kommen, die Autos müssen weg: Die Vorarbeiten für den großen Umbau am Sendlinger Tor haben einschneidende Folgen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Schilderung der Anwohner schreckte denn auch die Lokalpolitiker gehörig auf. Jürgen-Peter Pinck (SPD) nahm sie zum Anlass, das Planungsreferat aufzufordern, die Tiefgaragen-Kosten im Quartier zu ermitteln. Ihm seien eher Stellplatz-Monatsmietpreise von 300 Euro bekannt. Für Jörg Hoffmann (FDP) zeigt sich das Timing des Verkehrsversuchs Sendlinger Straße im Hinblick auf die U-Bahn-Baustelle nunmehr als ein "Schildbürgerstreich". Ihm stellt sich die Frage, ob man - selbst bei einer positiven Beurteilung der Fußgängerzone - deren endgültige Einführung nicht um drei bis vier Jahre aufschieben sollte. Dazu erwartet er Aussagen der Verwaltung bei der Informationsveranstaltung in der nächsten Woche angesichts dieser "dramatischen Situation".

Stefan Blum (CSU) schlug vor, bis dahin bei einem Lokaltermin weitere Parkplatz-Optionen zu suchen, Andrea Bachmaier (Grüne) regte mehr reine Anwohner-Parkplätze an. Und Wolfgang Püschel (SPD) kam erneut auf den alten Vorschlag einer "Shared-Space"-Zone zurück, in der sich alle Verkehrsteilnehmer die vorhandene Fläche teilen - als Alternative zur Fußgängerzone. Dass dafür die rechtliche Grundlage fehle, wandte der Bezirksausschuss-Vorsitzende Wolfgang Neumer (CSU) ein. Der Bezirksausschuss will die Situation und seine Anregungen jetzt der Stadt weitermelden. Noch dramatischer wäre die Lage, wenn - wie an sich vorgesehen - das Parkhaus am Färbergraben zum 1. Januar geschlossen worden wäre. Wolfgang Fischer vom Verein City-Partner zufolge sei der Vertrag dafür aber verlängert worden. Deshalb gebe es immerhin 550 Parkplätze, die sonst weggefallen wären. Damit entspanne sich die Lage für die 200 Dauerparker, aber auch für den Einkaufsverkehr, der sonst zusätzlich ins Viertel drücken würde.

Im Planungsreferat ist unterdessen die partielle Überschneidung von U-Bahn-Baustelle und Verkehrsversuch keine Überraschung. Wie Sprecher Martin Klamt bestätigt, habe man mit einer Verschärfung gerechnet, zugleich aber dem Auftrag des Stadtrats, die Fußgängerzone schnell zu erproben, nachkommen wollen. Für Klamt macht es "keinen Sinn", den im Juni 2016 begonnenen und für ein Jahr angesetzten Versuch jetzt abzubrechen. Ob man die Fußgängerzone danach beibehalte, die Idee zurücknehme oder lediglich verschiebe, sei eine politische Entscheidung.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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