Altschwabing:Laut und deutlich

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Die Mietergemeinschaft des Hauses Wagnerstraße 1 will ihren Widerstand gegen den geplanten Abriss forcieren

Von Stefan Mühleisen, Altschwabing

Zuletzt war es ruhig geworden um das Haus an der Wagnerstraße 1 in Schwabing. Wie eh und je seit 40 Jahren, dröhnen die Lautsprecher in der Livemusik-Kneipe "Schwabinger Podium". Doch der Protest gegen den Abriss des Hauses, im Frühjahr noch lautstark, war verstummt - nun soll er bald wieder ertönen. Die Mietergemeinschaft hat vor, im Herbst ihren öffentlichen Widerstand zu forcieren. "Wir wollen alle zwei bis drei Wochen mit einer Veranstaltung die Bevölkerung mobilisieren", sagt Stefan Lehnert, einer der Sprecher der Mietergemeinschaft. Nach seinen Angaben hat die Hausgemeinschaft bereits 5000 Unterschriften für den Erhalt des Hauses gesammelt.

Im Dezember 2014 war bekannt geworden, dass das Gebäude, erbaut 1895, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll. Der neue Eigentümer Friedrich Eichiner, Finanzvorstand von BMW, will es so. Und er ist dafür schon reichlich öffentlich gescholten worden. Thomas Sattelberger, Ex-Telekom-Vorstand, schimpfte im Manager-Magazin: "So wird in München ein Gründerzeit-Ensemble mitsamt seiner Kreativwirtschaft gentrifiziert." Die Politik im Stadtviertel sieht das ebenso und setzt sich vehement für die Rettung des Gebäudes ein. Sie hat dabei die Unterstützung eines prominenten Bürgervertreters, der gleichzeitig Bayerns Kultusminister ist: Ludwig Spaenle (CSU) hat durchgesetzt, das sich das Landesamt für Denkmalpflege nochmals mit dem Haus beschäftigt. In einer ersten Einschätzung war die Behörde zu dem Schluss gekommen, dass das Haus die Voraussetzungen für ein Baudenkmal nicht erfüllt. Nun soll geprüft werden, ob es womöglich nachträglich ins Denkmalensemble Altschwabing aufgenommen werden kann.

Nach Spaenles Angaben sei das Baugesuch des Eigentümers bis zur Klärung zurückgestellt. Die Mieter haben bisher ohnehin noch keine Kündigungen erhalten; vom Anwalt des Eigentümers hieß es zuletzt, diese würden zum Ende des Jahres zugestellt. Untätig will das die Mietergemeinschaft nicht abwarten - im Gegenteil. "Wir wollen vermehrt in die Öffentlichkeit gehen", sagt Lehnert. Auftakt soll eine Aktion am Samstag, 12. September, im Rahmen des Straßenfestes "Corso Leopold" sein. Die Aktivisten von "Guerilla lighting" wollen das Haus - wie schon im Mai - kunstvoll anstrahlen und Texte auf die Hauswand projizieren, die das Verschwinden von Schwabinger Altbestand anprangern. Beginn ist um 20.30 Uhr. Davor werden noch das Heinrich-Mann-Haus an der Leopoldstraße 59 und der Neubau an der Feilitzschstraße 7 bis 9 illuminiert.

Laut Lehnert soll Ende des Monats erneut ein Fest über alle drei Etagen in der Wagnerstraße 1 stattfinden, begleitet mit Kunstaktionen und Auftritten von Liedermachern. Danach soll die Ausstellung eines Künstlers im Treppenhaus Aufmerksamkeit in der Bürgerschaft schaffen.

Unterdessen hat die anhaltende Auflehnung der Stadtteilpolitik gegen den Abriss des Nachbarhauses gefruchtet: Die Gewofag wird das Gebäude an der Wagnerstraße 3 nicht abreißen, sondern sanieren, bestätigt eine Sprecherin. Nur der rückwärtige Anbau soll zugunsten eines größeren Innenhofes verschwinden. Die Werkstätten im Rückgebäude bleiben erhalten, versichert das städtische Wohnungsbauunternehmen.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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