Allach:Streit ums Evers-Center

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Verhandlungssache: das Einkaufszentrum Evers (links vom Hotel im Bunker) am Oertelplatz nach der Eröffnung im Sommer 2019. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Mieter und Eigentümer überziehen sich in insgesamt sechs Prozessen mit Forderungen

Von Anita Naujokat, Allach

Am Landgericht München 1 hat am Freitag das erste von derzeit insgesamt sechs Verfahren rund um das Einkaufszentrum "Evers" am Oertelplatz begonnen. Es ist Auftakt einer ganzen Reihe wegen gegenseitiger Forderungen zwischen Mietern und der Ever.s München S. C. S. als Eigentümerin des Centers, die in mindestens vier noch folgenden Fällen selbst als Klägerin auftritt.

Am Freitag trat als Klägerin, vertreten von ihrem Ehemann, die Inhaberin eines Möbelgeschäfts auf. Sie will ohne Kosten aus dem Zehn-Jahres-Mietvertrag heraus, weil das Center von Anfang an nicht gelaufen sei, laufend Mängel mit Lüftung, Brandmeldern und Rolltreppe aufgetreten seien und auch Struktur und Werbemaßnahmen nicht gestimmt hätten. In der Folge hatte die Klägerin zuletzt die Mietzahlungen eingestellt - bis die Eigentümerin die außerordentliche Kündigung aussprach.

Versprochen worden, allerdings vertraglich nicht festgelegt, seien täglich 5000 Kunden, in Spitzen seien es aber gerade mal 1700 gewesen, sagte der Anwalt der Klägerin. Das sei eine "Pflichtverletzung". Er vertritt in dieser ganzen Prozessreihe fünf von sechs Parteien. Er gehe davon aus, so der Anwalt, dass der seinerzeit werbende Makler im Auftrag der damaligen Rechtsvorgängerin Moeg gehandelt habe. Von den Mietern habe dieser jedenfalls keinen Cent gesehen.

Mit gewährten "Baukostenzuschüssen" an gewisse Mieter - seine Frau und er hätten 83 300 Euro erhalten - habe die Vermieterin noch schnell das Center vollkriegen wollen, berichtete der Ehemann am Rande des Prozesses. In der Verhandlung selbst bezeichnete er sie als "Schmiergelder". Er sitze mittlerweile auf einem Schaden von rund 150 000 Euro für Einbau, Umbau und Investitionen.

Die Gegenseite wiederum macht 117 000 Euro von der Klägerin für die entgangene Miete und spätere Nutzungsentschädigungszahlungen geltend. Sie führte aus, dass Mängel immer gleich behoben worden seien. 90 Prozent seien vermietet, das Center sei völlig in Ordnung. Auch seien die bisherigen Werbekampagnen angemessen gewesen. Eine Gewerbefläche für fast 9000 Euro im Monat anzumieten, sei eben auch ein geschäftliches Risiko.

Eine gütliche Einigung scheiterte am Freitag. Zwar bot Ever.s an, bei "zeitnaher" Zahlung der 117 000 Euro auf weitere Ansprüche zu verzichten. Man sehe sich auch in der Pflicht gegenüber anderen Mietern, die zahlten, und könne "keine Geschenke verteilen". Wer Investitionen tätige, müsse sich absichern, und wenn man sich auf Makler verlasse, sei das eigenes Verschulden. Die Klägerinnen-Seite lehnte ab. "Hier ist eine wirtschaftliche Existenz" kaputtgegangen. Einzige Spielmasse sei die Kaution von knapp 50 000 Euro.

Ein Urteil ist noch nicht ergangen. Weil ein Schriftsatz nicht eingegangen ist, die Klägerin außerdem noch die Beweisführung zu den Werbekampagnen überprüfen will, setzte das Gericht neue Fristen. Richterin Trißler ließ einzig durchblicken, dass eine Mietminderung von 100 Prozent "immer sehr problematisch" sei. Auch dauere es bei Neueröffnungen immer eine Zeit, bis sie richtig anliefen, das könne man dem Vermieter nicht zum Vorwurf machen.

© SZ vom 06.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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