Allach:Lautlos wie die Schleiereule

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Bei der Abschluss-Präsentation: Lola Reik, 15, aus Weßling, Kim Laura Engelhardt,16, aus Ansbach und Franziska Angerer, 16, aus Augsburg. (Foto: David-Pierce Brill)

Im Bionik-Camp versuchen 16 Jugendliche, Prinzipien aus der Natur auf die Technik zu übertragen, zum Beispiel um Flugzeug-Lärm zu reduzieren. Bei MTU in Allach stellen die Nachwuchs-Wissenschaftler ihre Resultate vor

Von Christian Schraml, Allach

Tüfteln am Flugzeug-Antrieb von morgen: Im fünftägigen "Bionik-Camp" beim Triebwerkshersteller MTU Aero Engines in Allach hatten acht Jungen und acht Mädchen aus ganz Bayern einen Forschungsauftrag: Sie sollten herausfinden, wie bionische Elemente im Triebwerksbau umgesetzt werden können, um das Fliegen effizienter zu gestalten. Zum Vorbild nahmen sie sich Spinnen, Vögel und Fische.

Projektleiter Stephan Thiel erklärte zu Beginn der Abschluss-Präsentation erst einmal kurz und knapp, worum es ging: "Bionik bedeutet, von der Natur zu lernen." Um es etwas detaillierter zu formulieren: Bionik ist eine Wissenschaftsdisziplin, die sich Prinzipien aus der Natur abschaut und diese auf die Technik überträgt. Die Jugendlichen stellten dazu unterschiedliche Ansätze vor. So nahm sich eine Gruppe der Schüler kleine, wendige Fische zum Vorbild und überlegte, wie auch Triebwerke so stromlinienförmig gebaut werden können. Ein anderes Team setzte sich mit dem Schutz von Triebwerken auseinander und dachte darüber nach, wie es sich verhindern lässt, dass Vögel in Triebwerke fliegen. Sie entschieden sich schließlich für Spinnenseide, da dieses Gewebe luftdurchlässig ist, aber der Technik trotzdem Schutz bietet.

Die Schüler arbeiteten unter anderem an Lösungen, um Treibstoff zu sparen oder suchten ein "Material der Zukunft" - somit soll ressourcenschonendes Fliegen ermöglicht werden. Eine weitere Idee hatte das Ziel, die Lärmemission von Flugzeugen zu reduzieren: Nach dem Beispiel von "lautlosen" Tieren wie der Schleiereule könnten fransenähnliche Strukturen an den Schaufeln des sogenannten Fans angebracht werden, einer Art großem Gebläse, welches den vorderen Teil eines Flugzeugtriebwerks bildet.

Alle Lösungsversuche sollten Antworten auf die Frage liefern: "Welche Herausforderungen kommen auf den Triebwerksbau im 22. Jahrhundert zu?" Das Technikverständnis der Jugendlichen sei beeindruckend, fand Ingenieur Andreas Jakimov. Selbst er konnte sich den ein oder anderen Denkanstoß holen. Besonders das vorgestellte Prinzip der Spinnweben, das durch seine hohe Festigkeit genutzt werden kann, um Triebwerke zu schützen, habe ihn überzeugt. Und außerdem: "Die Jugendlichen haben viele Lösungen identifiziert, die momentan bereits entwickelt werden - von denen sie aber vorher gar nichts wussten. Das finde ich sehr beachtlich", sagte er. Seminarleiter Martin Hillebrand betonte, er habe den Kursteilnehmern nur Impulse geben müssen, dann hätten sie oft selbständig gearbeitet. Ganz nach dem Prinzip: "Learning by doing". Zum Lernerfolg im Camp erklärte Referentin Kirsten Wommer, die die Jugendlichen während der Woche betreute: "Sie konnten selbst spinnerte, visionäre Ideen entwickeln - nicht wie in der Schule oder im Studium."

Für Naturwissenschaften begeistern sich die Jugendlichen, die am Bionik-Camp teilnahmen, auch in ihrer Freizeit: Der 15-jährige Finn aus Mühldorf am Inn wurde auf den Workshop aufmerksam, nachdem er ein Buch über Bionik gelesen hatte. Nicht verwunderlich, dass seine Lieblingsfächer in der Schule vor allem Physik und Mathematik sind. Kim Laura, 16, aus Ansbach interessiert beim Camp vor allem, die technische Arbeit in einem Unternehmen kennenzulernen. Spaß sei ihr auch wichtig gewesen im Ferienprogramm, aber die Forschung habe im Vordergrund gestanden.

Zum Programm des Camps gehörte außerdem eine Nachtführung im Tierpark Hellabrunn, eine Gelegenheit für die Jugendlichen, bionische Prinzipien aus der Tierwelt abzuschauen - bei Tigern, Wölfen oder Fledermäusen. Auch sonst drehte sich in der Woche viel darum, eigene Ideen zu entwickeln und damit zu experimentieren. In einem Kreativworkshop, bei einer Brainstorming-Runde mit Ingenieuren und bei Bionik-Experimenten tüftelten die Jugendlichen an innovativen Lösungen für ihren "Auftraggeber".

Das Bionik-Camp ist ein Ferienangebot der Bildungsinitiative "Technik - Zukunft in Bayern 4.0" im Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw). Die Zielgruppe sind Schüler bayerischer Gymnasien und Fachoberschulen im Alter von 15 bis 17 Jahren. Das Camp soll sie zum selbstständigen Forschen und Entdecken motivieren; Karl-Heinz Dusel, Leiter Rapid Technologien bei der MTU Aero Engines, urteilte nach der Abschlusspräsentation der Schüler schmunzelnd: "Auftrag angenommen!"

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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