Alkoholkontrolle in München:Harte Linie gegen Alkoholsünder

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In Berlin wird noch gestritten, ob Richter einer Blutentnahme bei Alkoholsündern zustimmen müssen - in München kann die Polizei bereits allein entscheiden.

S. Wimmer

Wieder mal eine Münchner Linie: Während in Berlin die Union darüber diskutiert, ob nach einer Alkoholfahrt ein Richter die Zustimmung zur Blutentnahme geben muss, praktiziert man in München längst eine flotte Lösung: Bereits ab einem Promillewert von 0,3 und den entsprechenden Ausfallerscheinungen kann die Polizei selbst veranlassen, dass der Verkehrssünder in der Rechtsmedizin zur Ader gelassen wird. "Nach Alkoholfahrten und den entsprechenden Anzeichen dafür besteht quasi immer Gefahr in Verzug", erklärt Stefan Sonntag, Sprecher der Münchner Polizei.

Hat ein Fahrer mehr als 0,3 Promille beim ersten Alkoholtest der Polizei und verhält sich zusätzlich auffällig, können die Beamten ihn zur Blutentnahme schicken. (Foto: Foto: AP)

Die Strafprozessordnung, die der momentanen Diskussion um richterliche und polizeiliche Kompetenzen zugrunde liegt, gilt eigentlich in der ganzen Bundesrepublik einheitlich. Doch die Auslegung des entsprechenden Paragrafen 81a scheint recht variabel zu sein. Darin geht es um Alkoholfahrten und darum, dass ein Richter den Stich in die Vene veranlassen muss.

Was in der Praxis so aussehen sollte: Die Polizei trifft bei einer nächtlichen Kontrolle auf einen Schlangenlinien fahrenden Verkehrsteilnehmer, der hat rote Augen, lallt und sieht es überhaupt nicht ein, den Beamten zur Blutentnahme in die Rechtsmedizin zu folgen.

In diesem Fall muss nun ein Richter angerufen werden und per Fax oder Telefon die Anordnung erteilen, dass der mutmaßliche Alkoholsünder sein Blut abgeben muss. Ist er immer noch nicht willig, könnte die Polizei die Anordnung nun auch unter Zwang ausführen.

Bayernweit, so sagt Holger Plank vom Innenministerium, fahre man seit Jahren sehr gut mit einer anderen Lösung: Verweigert ein des Alkoholkonsums verdächtigter Autofahrer die Blutentnahme, misst der Alkomat mehr als 0,8 Promille und ist des nachts kein Jourdienst-Richter verfügbar, dürfe die Polizei von "Gefahr in Verzug" ausgehen und den Betroffenen ohne richterliche Anweisung zur Blutentnahme bringen.

Es gehe darum, Beweismittel zu sichern. "Denn die Polizei bis zum nächsten Morgen warten muss, wird der Alkohol abgebaut; der Alkoholabbau verläuft bei jedem unterschiedlich, so dass am Ende nur ein Schätzwert herauskommen würde", so Plank. Dass sonst in solchen Fällen ein Richter vorgeschaltet wird, hält der Sprecher des Innenministeriums für angemessen. "Eine Blutentnahme ist ein schwerwiegender körperlicher Eingriff."

In München hingegen sind Gericht, Staatsanwaltschaft und Polizei zu der Regelung gekommen, dass mit Alkoholsündern kurzer Prozess gemacht wird: Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, bei konkreten Anhaltspunkten auf eine Alkoholfahrt ordnet die Polizei die Blutentnahme alleine an.

"Die Beamten müssen ihren Verdacht natürlich dokumentierten", sagt Polizeisprecher Sonntag. Auf den Formblättern müssen Anzeichen wie rote Augen oder verwaschene Aussprache notiert werden. Und auch der Arzt in der Rechtsmedizin muss den Delinquenten vorher testen und das Ergebnis zu Papier bringen, bevor er zur Nadel greift.

4677 Trunkenheitsfahrten deckte die Münchner Polizei im letzten Jahr auf, mehr als 2000 Blutentnahmen wurden angeordnet. "Unsere Praxis funktioniert bislang gut", sagt Sonntag. Der Polizei gehe es darum, die Alkoholsünder möglichst schnell zur Ader zu lassen, um ein richtiges und gerichtsverwertbares Ergebnis zu erlangen. Denn Alkohol sei nach wie vor eine der Hauptunfallursachen im Bereich München, "vor allem bei Verkehrsunfällen mit Verletzten".

© SZ vom 28.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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