Stadtplanung:Ein Platz, an dem es kein Normalmensch aushält

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Eine riesige Fläche, aber kein Ort, an dem man sich gerne allzu lange aufhält: der Max-Joseph-Platz in München. (Foto: Robert Haas)

Auf dem tristen Max-Joseph-Platz herrscht Ödnis, selbst den Tauben ist das Terrain zu lebensfeindlich. Wie sich das ändern lässt? Die übliche Münchner Lösung wäre ein Geranientopf.

Kolumne von Wolfgang Görl

Samstagsbummel durch die Altstadt: Ganz schön was los, offenbar wurden alle Münchner, die in den Urlaub gefahren sind, durch Touristen ersetzt, so dass die Einwohnerzahl konstant bleibt. Das Getümmel in der Fußgängerzone taugt bestens, sich auf den Wiesn-Bierkampf vorzubereiten, ohne Training wäre man da ja verloren. Um voran zu kommen, hat man sich diskret einer chinesischen Stadtführung angeschlossen, die soeben den Max-Joseph-Platz erreicht. Und was soll man sagen? Mit einem Mal hat man Bewegungsfreiheit ohne Ende.

Fast könnte von Einsamkeit die Rede sein, wären da nicht fünf Italiener, die Selfies am König-Max-Denkmal schießen. Ansonsten herrscht auf dem Platz die Ödnis der Wüste Gobi, selbst den Tauben ist das Terrain zu lebensfeindlich. In diesem Moment stellt sich Bewunderung ein. Bewunderung, ja sogar Hochachtung für die Münchner Stadtplanung, der es gelungen ist, einen Platz, der von grandiosen Bauwerken - die Oper, Klenzes Königsbau, die Residenzpost - gesäumt ist, so abweisend zu gestalten, dass der Normalmensch es dort keine fünf Minuten aushält.

Vor einem Jahr war davon Rede, den Platz, der im Wesentlichen die königlich dimensionierte Zufahrt für die Operntiefgarage ist, neu zu gestalten. Wie, das ist bis heute nicht klar. Dafür weiß man aus dem Mund der üblichen Bedenkenträger, was alles nicht geht. Wahrscheinlich einigen sich die Verantwortlichen auf die bewährte Münchner Konsenslösung: Man stellt einen Geranientopf auf.

Gewiss, das wäre fast revolutionär, da könnte man richtig ins Träumen kommen. Bilder von italienischen Plätzen tauchen auf, große und kleine Stadtoasen, in denen Menschen unter Sonnenschirmen einen Espresso und bunte Cocktails genießen.

Tschuldigung, das sind Hirngespinste. Tische, Schirme und Menschen würden das historische Ensemble um den Max-Joseph-Platz nur verschandeln. Am besten, er bleibt wie er ist: eine Wüstenei mit Tiefgarage.

© SZ vom 13.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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