Garching:Expansionskurs auf zwei Rädern

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Die Münchner Verkehrsgesellschaft eröffnet die erste Mietrad-Station außerhalb der Landeshauptstadt

Von Bernhard Lohr, Garching

An Politiker auf dem Fahrrad hat man sich gewöhnt. Das gilt besonders in Wahlkampfzeiten. Doch wenn am kommenden Freitag Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU), Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gemeinsam mit Landrat Christoph Göbel (CSU) und Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) gegen 14 Uhr auf dem Maibaumplatz in Garching eine Runde drehen, lohnt es sich wirklich, stehen zu bleiben und sich das anzuschauen. Denn es wird nach zwei Jahren Vorlauf die erste Mietrad-Station der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) im Landkreis eröffnet. Mehr als 150 weitere sollen folgen. Als erste Region außerhalb einer größeren Stadt führt der Landkreis München nahezu flächendeckend ein Mietradsystem ein.

Die blau-grauen Mieträder der MVG stehen also in Zukunft auch außerhalb Münchens allen zur Verfügung, die sich die zugehörige MVG-App heruntergeladen haben. Damit schlägt der Landkreis "ein neues Kapitel in Sachen Mobilität" auf, wie es aus dem Landratsamt heißt. Rudi Naisar, Garchings Fahrradbeauftragter, schwärmt gar vom "Ringschluss" per Rad: Von der U-Bahn in Garching rüber zur S-Bahn nach Ismaning oder Oberschleißheim - mit dem MVG-Rad sei das ein Katzensprung. Wer trotz einer Störung bei S- oder U-Bahn nach München wolle, habe in Garching mit dem Mietrad jetzt eine Option.

17 Mietrad-Stationen sollen allein in Garching aufgebaut werden, wobei auf dem TU-Campus eine Sonderregelung gelten wird. Denn dort dürfen die Räder anders als im übrigen Landkreis nach Ende der Mietzeit auf dem Gelände frei abgestellt werden, wie es auch in München üblich ist. Ansonsten gilt wegen der großen Fläche: Abgabe der Räder nur an einer Station, wobei es außer den festen, großen Stationen mit integrierten Radlständern auch Stelen mit Funkfunktion geben soll, in deren Umfeld die Räder abgemeldet werden können. Die Fahrt von München raus ins Umland und umgekehrt ist möglich. Auch werden die Räder von der MVG gewartet. Mehr als 1100 Räder soll es im Landkreis geben.

Und sie sollen in 21 der 29 Kommunen im Landkreis stehen. Im letzten Moment haben sich zum Mitmachen noch Aying und Höhenkirchen-Siegertsbrunn durchgerungen, nachdem die Gemeinderäte mehrmals heftig darum gestritten hatten. Tatsächlich sind mit Straßlach-Dingharting, Sauerlach, Baierbrunn und Schäftlarn auch eher kleinere Kommunen außen vor beim Mietrad-Netzwerk. Aber auch Gemeinden wie Hohenbrunn, Putzbrunn, Grasbrunn und das mit der Stadt München eng verbundene Ottobrunn haben sich gegen Mietrad-Stationen ausgesprochen. Einer der vehementen Befürworter war andererseits Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU), der sich gerade wegen des fehlenden S-Bahn-Anschlusses seiner Gemeinde Vorteile von den Mieträdern verspricht.

Gleichzeitig mit Garching werden drei Mietrad-Stationen in Ismaning aufgebaut. Folgen werden Unterföhring, Oberschleißheim und Unterschleißheim. Mitte 2019 sollen alle geplanten Stationen im Landkreis fertig sein. Das deutschlandweit erste suburbane Mietradsystem soll als Modellprojekt zeigen, wie ein solches außerhalb eines großen städtischen Gebietes funktionieren kann. Die Erfahrungen sollen an andere Regionen weitergereicht werden. Der Landkreis erhält dafür eine Förderung des Bundes in Höhe von drei Millionen Euro.

Anders als Verkehrsministerin Aigner, OB Reiter und Landrat Göbel wird der Garchinger Fahrradbeauftragte Naisar am Freitag mit dem eigenen Rad zur Eröffnung kommen. "Ich fahre alles mit dem Rad", sagt er. Der klassische Mietrad-Kunde ist er nicht, die MVG-Radl-App hat er bislang nicht genutzt, weil er sowieso immer sein Fahrrad dabeihat. Und doch setzt er sich seit Jahren für das MVG-Rad ein. Naisar erhofft sich, Mobilitätsbedürfnisse damit befriedigen zu können und den ohnehin mit 30 Prozent relativ hohen Anteil an Radlern im innerstädtischen Verkehr in Garching zu steigern. 35 Prozent seien das Ziel, sagt er. Derweil wächst auch im übrigen Münchner Umland das Interesse am MVG-Rad. Mit dem Landkreis Dachau laufen laut Stadtwerke bereits erste Gespräche. Auch im Landkreis Starnberg besteht Interesse.

© SZ vom 02.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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