Energiesparen:Mein angestrahlter Papagei

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Was Putin und der Rhein die Menschen lehren - manche jedenfalls.

Zu den größten Begabungen des Menschen gehört, sich seine Lebensgrundlagen auch zugunsten von Dingen zu entziehen, die keiner braucht. Schon mal von Dachrinnenheizungen gehört? Und gewusst, dass im Fußballstadion auch im August samstagmittags alle Flutlichter an sind? Zu den Nachrichten dieser Tage gehört, dass die Schweizer Bergbahnen eine Liste zusammengestellt haben, wie sie 20 Prozent Strom sparen könnten: Lifte langsamer fahren lassen, Nachtskilauf stoppen, nur noch kaltes Wasser im WC, Dachrinnen nicht länger beheizen. Und in der Fußball-Bundesliga überlegen sie, ob wirklich im Sommer am Tag alle Lampen an sein müssen, nur damit die Fernsehbilder einen Tick besser sind als ohne.

Der mitteleuropäische Mensch hat jahrzehntelang eine Party gefeiert, die immer opulenter zu werden hatte. Noch ein Skigebiet und noch eins, und von so Dingen wie Sonnenuntergang lassen wir uns doch nicht den Skitag beenden. Wer zudem seinen verzärtelten Hintern auf Sessellifte betten darf, die ebenso gewärmt wie die Dachrinnen an der Bergstation sind, verliert wohl irgendwann das Gefühl für die Knappheit von Ressourcen - und dafür, wer und was so alles jeden Tag zur Erderhitzung beiträgt. Nun demonstriert der gegenwärtige Putin in Tateinheit mit dem ehemaligen Rhein, wie hoch die Partykosten sind.

Menschen reagieren nicht auf Appelle, aber gelegentlich auf Preise. Wenn dieser elend spektakuläre Sommer zu irgend etwas gut ist, dann dazu, die jeweilige Vergnügungsliste durchzugehen; angestrahlter Metall-Papagei im Garten, Lachs als Alltagsmahlzeit, warmes Wasser in jedem WC, all das. Neulich machte ein Fernsehteam eine Umfrage, es fragte nicht nach Metall-Papageien, sondern was man davon hielte, falls Baudenkmäler nicht mehr angestrahlt würden. Ein Mann gab zur Antwort: Also, ein bisschen Lebensfreude müsse doch noch sein. Was wird der erst sagen, wenn er's im Winter unter der kalten Schweizer Dachrinne aushalten soll.

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