Sachsen:Einer von uns ist der Täter

Sachsens Innenminister sagt, der Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft spiegele "nicht die Grundhaltung der Sächsinnen und Sachsen" wider. Ist das so?

Kommentar von Ulrike Nimz

Es brennt wieder in Deutschland. In Leipzig-Grünau, in Groß Strömkendorf, in Bautzen. Menschen, die Schutz suchen, müssen erneut fliehen, sich fürchten, diesmal vor Feuern, die Unbekannte in der Nacht legen. Schon im Fluchtsommer 2015 glaubten einige, sie könnten mit Molotowcocktails darüber abstimmen, wer in diesem Land leben darf, jetzt droht vor allem im Osten ein Déjà-vu.

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Es ist gut, dass Sachsens Innenminister den Brand in Bautzen zügig und scharf verurteilt hat. Aber Armin Schuster war es auch, der angesichts steigender Flüchtlingszahlen vor Überforderung warnte: Der Zustrom werde "in Kürze kaum noch zu bewältigen" sein. Man muss die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, wenn Sicherheitsbehörden vor Zuständen warnen, die sie verhindern sollten. Oder ob dadurch der Handlungsreiz nicht noch steigt bei jenen, die Geflüchteten das Feldbett in der Turnhalle missgönnen.

Auch erliegt der Minister einem alten Reflex, wenn er, ohne dass der oder die Täter gefunden sind, erklärt, der Vorfall in Bautzen spiegele "nicht die Grundhaltung der Sächsinnen und Sachsen" wider. Das ist der gleiche grundlose Optimismus, der den einstigen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf umnebelt haben muss, als er behauptete, die Sachsen seien immun gegen Rechtsextremismus. Es ist der gleiche Impuls, dem Ex-Landeschef Stanislaw Tillich folgte, als er die rassistischen Ausschreitungen in Clausnitz kommentierte: "Das sind keine Menschen, die das tun." Es sind Menschen, die das tun, vielleicht sogar Sachsen. Diese bittere Realität zu benennen, ist auch Aufgabe des Innenministers.

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