Aktuelles Lexikon:Lynchen

Ein Straftatbestand - in den USA seit dieser Woche.

Von Reymer Klüver

Der Senat in Washington hat in dieser Woche einstimmig ein Gesetz verabschiedet, mit dem erstmals Lynchen als eigener Straftatbestand in den USA anerkannt und geahndet werden kann. In den vergangenen 100 Jahren gab es etwa 200 vergleichbare Gesetzesinitiativen, bisher waren sie allesamt im Kongress gescheitert. Lynchmorde haben in den USA eine unheilvolle Tradition, sehr viele davon waren rassistisch motiviert. Meistens wurden Schwarze eines Verbrechens beschuldigt - mitunter auch nur, weil sie es vermeintlich an Respekt vor Weißen hatten missen lassen - und ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren von einem weißen Mob ermordet. Die Bürgerrechtsorganisation NAACP hat zwischen 1882 und 1968 in den USA weit mehr als 4500 Lynchmorde gezählt, 70 Prozent der Opfer waren Schwarze. Die meisten Lynchmorde wurden in den Südstaaten verübt, allein 581 im Bundesstaat Mississippi. In den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts wurden sogar Postkarten der oft an Bäumen aufgehängten, mitunter verstümmelten Opfer verschickt. Das Wort selbst ist abgeleitet vom irischen Familiennamen Lynch. Genau welcher Träger dieses Namens dafür Pate gestanden hat, ist indes umstritten. Gemeinsam war allen diesen grausamen Männern aber, dass sie Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person waren.

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