Politiker:Eduard Lintner und die Baku-Connection

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Lobbyist des autokratischen Regimes in Aserbaidschan: der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner während einer Rede vor Exil-Iranern am Brandenburger Tor in Berlin. (Foto: Christoph Soeder/picture alliance/dpa)

Gegen den ehemaligen CSU-Abgeordneten ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München wegen ominöser Zahlungen aus Aserbaidschan. Er selbst sieht sich als Opfer.

Von Peter Fahrenholz

Wenn man mit langjährigen CSU-Politikern über Eduard Lintner spricht, der bis 2009 Bundestagsabgeordneter war, insgesamt 33 Jahre lang, dann hört man immer die gleichen Adjektive: aufrecht, fleißig, zuverlässig, kollegial, stramm konservativ. Übereinstimmendes Urteil: So stellt man sich einen Kollegen vor. Jedenfalls keiner von den geschniegelten Jungunionisten, die in den Sitzungen ihren Aktenkoffer aufklappen, sich in irgendwelche Unterlagen vertiefen und wichtig auf ihrem Handy herumtippen. Sondern einer von der alten CSU-Garde, ein Hardliner vom rechten Flügel, der aus voller Überzeugung gegen die völkerrechtliche Anerkennung der DDR kämpfte.

Die Schlagzeilen, die Lintner seither immer mal wieder macht und die jetzt wieder aufgeflammt sind, sind von ganz anderem Kaliber. Lintner wird einem Netzwerk von deutschen Politikern zugerechnet, die sich seit Jahren für die Belange des autokratischen Regimes in Aserbaidschan einsetzen und dafür auch beträchtliche Summen erhalten haben sollen. Es laufen Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München gegen Lintner und andere, die Münchner Ermittler haben den Komplex von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt übernommen.

Sein Wort hatte Gewicht in der CSU-Landesgruppe

Lintner stammt aus dem Sudetenland und wurde als kleines Kind mit seiner Familie von dort vertrieben. Die Belange der Vertriebenen gehörten später zu seinen politischen Kernthemen. Lintner trat schon Anfang der Sechzigerjahre als Schüler in die CSU und die Junge Union ein. 1976 zog Lintner, der in Unterfranken eine neue Heimat gefunden hatte, für die CSU in den Bundestag ein, zunächst über die Landesliste, später als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Bad Kissingen, seine Nachfolgerin dort ist Dorothee Bär, eine der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden.

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In der CSU-Landesgruppe gehörte Lintner schon bald zu den Etablierten, sein Wort hatte Gewicht. Lintner sei kein Leisetreter gewesen, erinnern sich alte Kollegen. Von 1991 bis zur Niederlage der schwarz-gelben Regierung unter Helmut Kohl 1998 war Lintner Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, außerdem war er von 1992 an der erste Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Dass Lintner seit 1999 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats angehörte, davon nahm in der CSU-Landesgruppe kaum jemand Notiz.

Lintner fühlt sich als Opfer

In dieser Zeit sind offenbar seine Beziehungen zu Aserbaidschan entstanden, Lintner gehörte zu den Politikern, die das Regime in Baku gegen Kritik in Schutz nahmen. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag baute Lintner sein Netzwerk in den Kaukasus aus und gründete im Jahr 2009 die "Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen" mit Sitz in Berlin. Dabei machte Lintner kein Hehl daraus, dass es ihm nicht nur um ein politisches Herzensanliegen ging, sondern er bekannte sich offen dazu, nach seiner politischen Karriere "ein Stück Lobbyarbeit" zu machen. Er sei "beratend und auch werbend tätig", sagte er 2011 in einem Interview mit der Main-Post.

Mit dieser Beratungstätigkeit erklärt Lintner auch die Geldzuflüsse aus Aserbaidschan. Damit seien vor allem die Kosten für das Büro seiner Gesellschaft gedeckt worden. Und deren politisches Anliegen, so stellt es Lintner dar, sei vor allem der Kampf gegen die völkerrechtswidrige Annexion der Region Bergkarabach durch Armenien gewesen.

Warum er ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten ist, kann sich Lintner überhaupt nicht erklären, sagt er. Der Vorwurf, er habe Schmiergeld aus Aserbaidschan an andere deutsche Unionsabgeordnete verteilt, sei "völliger Unsinn". Von der Staatsanwaltschaft in München habe er bis jetzt "gar nix" gehört, seinen Anwälten sei die Akteneinsicht bisher verweigert worden. Er fühle sich als Opfer. In seinen Worten: "Ich bin der Presse zum Fraß vorgeworfen worden."

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