Nebeneinkünfte:Erstaunlich unprofessionell

Für Cem Özdemir sind die erst jetzt gemeldeten Sonderzahlungen, gemessen an der eigenen Geschichte, ein nicht zu verstehendes Versäumnis. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Erst Annalena Baerbock, jetzt Cem Özdemir - wie sich die Grünen selbst das Wahlkämpfen schwer machen.

Kommentar von Stefan Braun

Es ist erstaunlich, wie unprofessionell vermeintlich professionelle Politiker manchmal agieren. Jüngstes Beispiel: die Nachmeldungen von Sonderzahlungen bei den Grünen. Für Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin, ist die Geschichte zu einer ersten Last im Rennen um die nächste Regierung geworden. Für Cem Özdemir ist es, gemessen an der eigenen Geschichte, ein nicht zu verstehendes Versäumnis. Und ein schlechtes Licht wirft es auch auf die Wahlkampforganisatoren, weil sie bei Entdeckung der Geschichte im Fall Baerbock nicht auch gleich bei deren Vorgänger Cem Özdemir nachfragten. Wie sie hatte er neben dem Parteiamt ein Mandat im Bundestag; wie sie hat er den Fehler gemacht, Sonderzahlungen der Partei nicht zu melden. Jetzt gibt es gleich zwei prominente Grüne, die eine dicke Schramme mit sich herumtragen.

Bei Özdemir kommt noch dazu, dass er die nötige Gewissenhaftigkeit noch mehr hätte mitbringen müssen. Zu sehr ist seine Karriere von einem früheren und zugegeben dramatischeren Fall gebeutelt worden. Anfang der 2000er-Jahre hatte er sich von einem Lobbyisten Geld geliehen, ohne zu kapieren, in welche Abhängigkeiten ihn das bringen konnte. Die Folge: Rücktritt, Pause, mühsamer Neustart. Dieses Mal ist das Drama kleiner. Aber haften bleibt es fürs Erste trotzdem. Und haften bleibt auch die Unprofessionalität der Wahlkämpfer. Dass sie nicht bei Özdemir nachfragten, als sie auf Baerbocks Fehler stießen, zeigt, wie sehr auch bei den Grünen jeder erst mal an sich denkt - und nicht versteht, wie sehr alle bei Fehlern Einzelner Schaden nehmen.

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