Zypern-Konflikt:Zwei Staaten, keine Lösung

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Die Geisterstadt Varosha, Symbol der Teilung Zyperns. (Foto: CHRISTINA ASSI/AFP)

Der türkische Präsident Erdoğan besucht die geteilte Mittelmeerinsel und will gute Nachrichten mitbringen - die in Wahrheit ziemlich schlecht sein dürften.

Von Tobias Zick

Er werde "gute Neuigkeiten" nach Nordzypern mitbringen, das verkündete Recep Tayyip Erdoğan schon vergangene Woche nach dem Freitagsgebet. Damit schürte der türkische Präsident die seit Längerem schwelenden Befürchtungen im südlichen Teil der Insel, dass er an diesem Dienstag bei seinem Besuch am Ort massive Provokationen vom Stapel lassen wird.

Die bei Touristen beliebte Insel im östlichen Mittelmeer, die in jüngster Zeit vor allem mit extremer Hitze und nicht minder extremen Corona-Infektionszahlen Schlagzeilen machte, ist in einen größeren griechischen Teil und einen kleineren türkischen gespalten. 1974 hatten Putschisten, die von der Militärjunta in Athen unterstützt wurden, versucht, die lang erträumte "Enosis" durchzusetzen, die Vereinigung der Insel mit Griechenland - woraufhin dann Ankara Truppen zum Schutz der türkischen und muslimischen Bevölkerung im Norden schickte. An diesem Dienstag jährt sich die türkische Invasion zum 47. Mal, und Erdoğans Jubiläumsbesuch wird auch von Brüssel aus sehr aufmerksam verfolgt.

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Türkischen Medien zufolge wird Erdoğan unter anderem einen Park und eine Moschee in Varosha wiedereröffnen, dem einst so mondänen Strandressort, aus dem 1974 die griechische Bevölkerung fliehen musste und das seither als Geisterstadt vor sich hindämmert. Die Türkei will daraus wieder ein Tourismus-Ziel machen und spricht von einem "humanitären Akt". Das sieht unter anderem das EU-Parlament anders, dessen Abgeordnete mit großer Mehrheit das türkische Treiben in Varosha als Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verurteilt haben.

Der 47. Jahrestag der Invasion

Natürlich geht es Erdoğan nicht allein darum, touristisches Potenzial zu heben. Varosha ist mit Symbolkraft aufgeladen wie kein anderer Ort der Insel; eine Rückkehr der vertriebenen griechischen Bevölkerung gilt als Grundvoraussetzung für eine Wiedervereinigung, wie auch viele türkische Zyprioten sie nach wie vor erhoffen. Doch Erdoğan will davon nichts wissen. Der mit seiner massiven Unterstützung letztes Jahr ins Amt gewählte nordzyprische Hardliner-Präsident Ersin Tatar lässt kaum eine Gelegenheit aus, um international zu verkünden, dass für ihn nur eine "Zweistaatenlösung" infrage komme. Selbstbewusst fordert er zudem, dass die internationale Gemeinschaft schon jetzt seinen Landesteil endlich als souveränen Staat anerkennen müsse (bislang tut das nur Ankara).

Zweifellos wird Erdoğan seinen Jubiläumsbesuch nun nutzen, um das Ziel einer dauerhaften Teilung auch symbolisch zu untermauern. Berichten aus Ankara zufolge plant er, einen brachliegenden Militärflugplatz im Norden der Insel zu einer Drohnenbasis auszubauen und zudem in der Nähe von Varosha eine Marinebasis zu errichten. Gut möglich, dass dies zu den "guten Nachrichten" gehört, die er am Jahrestag der Invasion vor Ort verkünden will.

Kein Zweifel, der internationale Prozess zur Lösung des Zypern-Konflikts steckt in einer Sackgasse. Erst Anfang Mai ging ein Treffen in Genf, einberufen von UN-Chef António Guterres persönlich, ohne jegliches Ergebnis zu Ende. Daran haben durchaus beide Seiten ihren Anteil. Es ist aber zu hoffen, dass EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Dauer recht behält, wenn sie sagt, die Mitgliedstaaten seien sich "sehr einig" darin, dass sie "niemals eine Zweistaaten-Lösung akzeptieren" würden.

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