Aktuelles Lexikon:mild

Ist ein "milder" Covid-Verlauf immer harmlos? Gesundheitsexperten verwenden den Begriff anders, als es die Alltagssprache vermuten lässt.

Von Marlene Weiß

Es ist so eine Sache mit der Milde, sie liegt oft im Auge des Betrachters. So manches nach Auffassung des Kochs mild gewürzte Gericht trieb den Essenden schon Schweißperlen auf die Stirn; so manches vermeintlich milde Wort wurde dann doch als handfeste Beleidigung interpretiert. Ganz zu schweigen vom milden Wetter, ein Begriff, mit dem Wetterdienste gerne die trübe Matsch- und Nieselregen-Veranstaltung beschönigen, die im Winterhalbjahr oft vom Atlantik nach Mitteleuropa herüberweht. Weit gravierendere Folgen hat das breite Spektrum der Milde jedoch, wenn es um Covid-Krankheitsverläufe geht. Laut einer Skala der WHO hat selbst ein im Krankenhaus behandelter Patient noch einen "milden" Verlauf der Stufe drei oder vier von acht, wenn er keinen Sauerstoff oder nur eine Sauerstoffmaske benötigt. Eine milde Erkrankung ist in dieser Definition also keineswegs harmlos, sondern kann durchaus mit hohem Fieber, qualvollem Ringen nach Luft und möglicherweise auch mit anhaltenden Long-Covid-Symptomen einhergehen. Allerdings sollte man bedenken: Es gibt weit schlimmere Verläufe als diese, nämlich wenn Patienten invasiv beatmet werden müssen oder schließlich sogar sterben. Und wie auch immer man Milde interpretiert - die Impfung erhöht gerade für Ältere die Chancen drastisch, dass ihnen das Schlimmste erspart bleibt.

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