Corona-Pandemie:Mehr als eine Zahl

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Mit der geplanten Abkehr von der Inzidenz zeigt sich erneut, wie schwer es in der Corona-Bekämpfung ist, auf eine einzige Messgröße zu setzen. Eine kombinierte Zahl könnte weit sinnvoller sein.

Von Berit Uhlmann

Das ist nicht erst seit Corona so: Epidemiologen betrachten immer eine ganze Reihe von Maßzahlen, um Infektionen einzuschätzen. Neu ist, dass solche Kenngrößen von der Politik herangezogen werden, um weitreichende Einschnitte in das öffentliche Leben zu rechtfertigen. Und wenn diese Begründung immer nur auf einer einzigen Zahl basieren soll, wird es zwangsläufig kompliziert: Denn den einen, für alle Lagen passenden Parameter gibt es schlicht nicht.

So ist einerseits nachvollziehbar, dass Gesundheitsminister Jens Spahn den Abschied von der Inzidenz vorschlägt: Künftig sollen keine Einschränkungen wegen Corona ab einer Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen mehr greifen. Stattdessen will er die Zahl der Krankenhauseinweisungen als maßgebliche Größe für politisches und medizinisches Handeln sehen. Das folgt der Logik, dass die Impfungen die gefährdetsten Menschen mittlerweile recht gut vor schweren Verläufen schützen, dass also eine höhere Inzidenz nicht zwangsläufig jene Überlastung des Gesundheitswesens nach sich zieht, die man seit Beginn der Pandemie vermeiden wollte.

Andererseits aber ist die Zahl der Klinikpatienten allein kein besonders passender Indikator, wenn früh gegengesteuert werden soll. Sie zeigt nämlich erst mit Verspätung an, wenn sich eine neue, gefährliche Welle zusammenbraut.

Es wäre daher nicht verkehrt, über eine Zahl nachzudenken, die mehrere Kenngrößen miteinander kombiniert. Solcherart Scores oder Indizes sind in der Medizin weitverbreitet; man nutzt sie beispielsweise, um den gesundheitlichen Zustand von Neugeborenen oder die Bewusstseinseinschränkungen von Patienten einzuschätzen. In der Pandemie hätte ein solcher Risiko-Index - wenn er gut gemacht wäre - einen großen Vorteil: Er würde maximal viele Informationen berücksichtigen und dabei minimal wenig Verwirrung stiften. Das wäre eine Situation, von der man aktuell nur träumen kann.

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