Oligarchen:Roman Abramowitsch muss um sein Vermögen fürchten

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Russischer, israelischer und portugiesischer Staatsbürger: Roman Abramowitsch, 55. (Foto: Anthony Anex/dpa)

Vor allem in Großbritannien prüfen die Behörden, ob sie ihn auf eine Sanktionsliste setzen sollen. Aber er hat auch Fürsprecher - zum Beispiel die Gedenkstätte Yad Vashem.

Von Alexander Mühlauer

Ob Roman Abramowitsch auf der Liste steht? Nun, das wollte die britische Außenministerin Liz Truss nicht sagen, nur so viel: Beamte seien drauf und dran, Beweise zu sammeln, um das Einfrieren von Vermögen in Großbritannien zu rechtfertigen. Man werde Privatjets, Immobilien und andere Besitztümer von Oligarchen ins Visier nehmen. "Sie werden sich nirgendwo verstecken können", versprach Truss.

Seitdem fragen sich nicht nur britische Beamte, wo sich Abramowitsch aufhält. Der 55-Jährige ist einer jener Oligarchen, die in der zerfallenden Sowjetunion der Neunzigerjahre mit Rohstoffgeschäften ein gewaltiges Vermögen anhäuften. Der "Bloomberg Billionaires Index" taxiert es im Fall von Abramowitsch auf 13 Milliarden Dollar. Wo aber steckt der Mann, der nicht nur über viel Geld, sondern auch drei Reisepässe verfügt?

Abramowitsch besitzt die russische, israelische und portugiesische Staatsbürgerschaft. Als sein Zuhause gilt jedoch Großbritannien. Spätestens seit er 2003 den Fußballverein FC Chelsea kaufte, ist er der wohl schillerndste Oligarch in der an Oligarchen nicht gerade armen britischen Hauptstadt. Weil es für ausländische Investoren ziemlich einfach war, mit Geld einen Aufenthaltstitel im Königreich zu erwerben, tummeln sich so viele reiche Russen in der britischen Kapitale, dass sie mitunter Londongrad genannt wird. An wohl keinem anderen Ort in Westeuropa findet sich so viel russisches Geld wie dort.

Das allein ist natürlich kein Grund, auf der Sanktionsliste der britischen Regierung zu landen. Entscheidend ist: Wie eng ist die Verbindung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin? Glaubt man Abramowitsch, gibt es keine besondere Nähe. Doch daran bestehen starke Zweifel. So attestierte ein britischer High-Court-Richter dem Oligarchen 2012 "sehr gute Beziehungen" zu Putin, er verfüge über einen "privilegierten Zugang". 2016 gab es Berichte über ein angebliches Geschenk, das Abramowitsch dem Präsidenten gemacht habe: eine Yacht im Wert von 33,5 Millionen Dollar. Die Anwälte des Oligarchen taten dies als "Spekulation" ab.

Er besitzt in London ein 152-Millionen-Pfund-Haus

Fest steht jedenfalls: Seit Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet hat, ist der Druck auf Abramowitsch massiv gestiegen. Sein Name könnte auf Sanktionslisten landen. Kein Wunder also, dass er weltweit Unterstützer sucht. Und so forderten etwa die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und andere israelische Organisationen die USA dazu auf, Abramowitsch von Sanktionen zu verschonen. Erst vor Kurzem hatte er Yad Vashem mit umgerechnet mehreren Millionen Euro bedacht.

Für Abramowitsch wird besonders die Lage in Großbritannien immer unangenehmer. So zitierte der Labour-Abgeordnete Chris Bryant aus einem Geheimdokument des Innenministeriums, wonach der Oligarch in Verbindung mit "korrupten Aktivitäten und Praktiken" gebracht werde. Bryant forderte, Abramowitschs Vermögenswerte zu beschlagnahmen, darunter sein 152-Millionen-Pfund-Haus in London - und seinen Fußballklub.

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Ob Abramowitsch Angst um die Zukunft seines FC Chelsea hat, darüber lässt sich nur spekulieren. Dafür könnte sprechen, dass er wenige Tage nach Putins Angriff die Klubverwaltung an die Treuhänder der Wohltätigkeitsstiftung des Vereins abgab. Inwieweit dies rechtens ist, wird nun geprüft, schließlich ist Abramowitsch weiter alleiniger Besitzer des Klubs.

Bleibt die Frage, wo er sich derzeit aufhält. Zu Beginn dieser Woche erklärte seine Sprecherin, dass er von ukrainischer Seite kontaktiert worden sei, um bei den Bemühungen um eine friedliche Lösung zu helfen. Weitere Details könne sie nicht nennen, sagte die Sprecherin, jedenfalls nicht mit Blick auf das, was auf dem Spiel stehe. Wahrscheinlich meinte sie damit die Lage in der Ukraine. Womöglich aber auch die von Roman Abramowitsch.

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