Vorwürfe gegen ARD und ZDF:Töchter-Wirtschaft

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Auf dem Markt für Fernsehproduktionen herrscht ein gnadenloser Wettbewerb. Zudem nährt nun eine neue Studie den Verdacht, dass ARD und ZDF die ihnen nahestehenden Produktionsfirmen bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugen.

Michael Bitala

Seit Jahren beklagen sich freie Fernseh- und Filmproduzenten darüber, dass ARD und ZDF bei der Vergabe von Aufträgen immer mehr ihre eigenen Tochterfirmen bevorzugen und somit den Markt verzerren.

Eine neue Studie des Formatt-Instituts in Dortmund unterfüttert diese Klage: Demnach wachsen die "abhängigen Produktionsfirmen", also Unternehmen, bei denen ARD und ZDF mehr als 25 Prozent halten, viel schneller als die unabhängigen. 2008 produzierten die Abhängigen das dreifache Volumen der Unabhängigen, 2010 war es schon das Fünffache. Deshalb haben sich vier freie Produzentenverbände zusammengetan und einen Verhaltenskodex für die Auftragsvergabe vorgeschlagen.

Im Kern geht es darum, dass ARD und ZDF ihre Aufträge transparenter und fairer vergeben sollen, schließlich bezahlten sie diese zum allergrößten Teil aus Rundfunkgebühren. Alle Produzenten sollten erfahren können, welchen Programmbedarf die Sender haben, welches Budget zur Verfügung steht und welche Inhalte gewünscht werden. Das aber ist oft nicht der Fall.

Die Sender vergeben Aufträge an ihre Töchter, ohne dass andere Produzenten davon erfahren. Hinzu kommt, dass ARD und ZDF ihre Tochterfirmen immer weiter ausbauen. Die KEF zählte in ihrem letzten Bericht 180 Firmen von ARD und ZDF. Und diese wiederum beteiligen sich an weiteren Produktionsfirmen. Allein die Bavaria Film, die dem WDR, dem SWR und dem MDR gehört, hält mehr als 50 Beteiligungen. Geht es so weiter, haben unabhängige Produktionsfirmen immer weniger Chancen.

Für die freien Produzenten sagte Gerhardt Schmidt, Vorstand des Film & Fernseh Produzentenverbandes NRW: "Indem ARD und ZDF ihre eigenen Tochterfirmen bevorzugen und ihnen Wettbewerbsvorteile einräumen, beherrschen diese heute in vielen Genres den Markt und verzerren den Wettbewerb massiv. Diese Situation bedroht die Existenz vieler freier Produzenten. Damit wird die Vielfalt und Qualität der deutschen Produktionslandschaft ernsthaft gefährdet."

Schon jetzt herrscht ein gnadenloser Wettbewerb unter den Produzenten, denn der Markt wurde kleiner, seit die Privaten ihre Aufträge zurückgefahren haben, die Werbeeinnahmen zurückgingen und die Öffentlich-Rechtlichen ihre Etats für Produktionen nicht erhöht haben. So kostet zum Beispiel ein Tatort seit Jahren 1,3 Millionen Euro, die Ansprüche an Inhalt, besseren Ton und besseres Bild aber haben sich massiv erhöht - was den Profit für die Produzenten senkt. Schon jetzt, so Schmidt, "arbeiten Produzenten teilweise unter Bedingungen, die nur schwer erträglich sind".

© SZ vom 22.10.2012/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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