TV-Kritik: Echo 2010:... und Uschi sang: "Moskau!"

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Wie der Grammy in den USA wollte der Echo 2010 sein: Doch er war dann am besten, als es richtig deutsch wurde - und Titan Oli auf Titan Robbie traf.

K. Riehl

Als um 22:45 Uhr - zu der Zeit also, zu der Tom Buhrow plante, seine sehr verehrten Damen und Herren zu den Tagesthemen willkommen zu heißen - erst rund ein Dutzend der 23 Preise vergeben sind, beginnt es einem zu dämmern. Das wird wirklich in jeder Hinsicht ein Abend der Superlative.

Ja, alles ist ziemlich superlativ bei dieser Echo-Verleihung im Berliner Palais am Funkturm. Da wird "geklotzt, statt zu kleckern", da findet ein "musikalisches Spitzentreffen" statt, bei dem die "Besten der Besten" zusammenkommen. Soll ja bitte bloß keiner auf die Idee kommen, an der internationalen Bedeutung des deutschen Musikpreises, nein, mehr noch, der deutschen Grammys, könne es Zweifel geben.

Nichts klein, nichts piefig

Die deutschen Grammys. Die ARD-Moderatoren Sabine Heinrich und Matthias Opdenhövel, die in diesen Wochen Deutschland bei Stefan Raabs Unser Star für Oslo bereits auf das nächste superlative Musikevent vorbereiten, ziehen gerne Vergleiche: Jan Josef Liefers und seine Frau Anna Loos seien die deutschen "Brangelina", Sasha ist der deutsche Robbie Williams, der Publikumspreis für das beste Video international ist der Oscar innerhalb des Echos.

Wie bitte, was? Na, egal.

Ein ganz wichtiger Abend also, die Stars bedeutend, der Preis eine großartige künstlerische Würdigung - nichts klein, nichts piefig, nichts ist, nun ja: deutsch. Deshalb hat man viele große, internationale Stars nach Berlin gezerrt: Depeche Mode sind gekommen, Rihanna und Robbie Williams.

Das Moderatoren-Duo macht tapfer Konversation und lässt sich versichern, wie sehr jeder einzelne von ihnen hofft und zittert auf so einen Echo.

Eine möglichst undeutsche Veranstaltung sollte es also werden. Dass das nicht so recht aufgehen mochte, lag wahrscheinlich weniger an Howard Carpendale und den Flippers, die in der Kategorie "Bester Schlager" von Sehnsucht und Südsee singen, oder an Hansi Hinterseer, der mit Singsang und gebleckten Zähnen dazu auffordert, doch einmal mit ihm in die Berge zu kommen.

Nein, es lag eher an Momenten wie jenem, als Michael Jackson bei dämmrigem Licht von einer feierlichen Stimme aus dem Off in die Echo Hall of Fame aufgenommen wird.

Wie bitte, wohin? Na, auch egal.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum der Echo dann am besten war, wenn er einfach eine kleine, deutsche Veranstaltung war.

Im Video: Der Musikpreis ECHO ist am Donnerstagabend in Berlin vergeben worden. Unter anderem wurden Robbie Williams, Depeche Mode und Silbermond ausgezeichnet.

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Dabei ist die Echo-Verleihung genau in den Momenten ein wirklich gelungener Abend, in denen man sich traute - zufällig oder geplant - für ein paar Minuten einfach eine kleine, eine deutsche Veranstaltung zu sein. Zum Beispiel als Oli Kahn, der einstige Fußballstar, auf die Bühne kommt.

"Robbie Williams ist ein echter Titan"

Eine Laudatio soll er halten auf den Echo-Gewinner Robbie Williams, so von Weltstar zu Weltstar: Olli Kahn also macht ein paar Witze über den FC Bayern und die Hertha, das Publikum johlt, selbst der britische Sänger muss grinsen. "Robbie Williams ist ein echter Titan", sagt der ehemalige Nationaltorhüter zum Abschied.

Oder wenn Uschi Blum auftritt, eine leicht übergewichtige Dame im weißen Pelzmantel, die zunächst eine Lanze für den deutschen Schlager brechen will und dann die Sache selbst in die Hand nimmt, und zum ultimativen Absturzschlager Moskau ihre langen Haare und den wuchtigen Körper schwingt. Uschi Blum heißt übrigens mit bürgerlichem Namen Hape Kerkeling.

Oder die Szene, in der Oliver Pocher den Preis für das beste Video vergibt, die Auszeichnung geht an den deutschen Rapper Sido: "Das wird jetzt lustig", sagt Pocher, nachdem er den Umschlag geöffnet hat, "da läuft ja noch die Klage." Pochers Lebensgefährtin Sandy Meyer-Wölden hat Sido wegen Beleidigung verklagt, nachdem er sie auf der Comet-Verleihung im vergangen Jahr eine "Crack-Braut" genannt hatte. Die beiden benehmen sich dann aber ganz zivil.

Von 22:45 Uhr an ging dann übrigens plötzlich doch alles ganz schnell, was vor allem daran liegen dürfte, dass zum Beispiel Lady Gaga nicht nach Berlin gereist war - und ihre drei Preise dann eben außerhalb der großen Gala vergeben wurden. Nur eine halbe Stunde später hatte Peter Maffay also den Preis für sein Lebenswerk in der Hand. Ein ganz Großer ist dieser Peter Maffay übrigens - wenn nicht der Größte.

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