True-Crime-Serie:Achtung auf die Fingernägel!

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Debra Newell (Connie Britton) ist beruflich erfolgreich und finanziell unabhängig. Als sie den Anästhesisten John (Eric Bana) kennenlernt, bemerken ihre Töchter gleich mehr als sie: seine Nägel sind nicht sauber. (Foto: Nicole Wilder/Bravo)

Die wahre Story vom Heiratsschwindler John.

Von Michael Kohl

Es gibt einige Parallelen zwischen Podcasts und Serien: ein vergleichbarer Boom in den vergangenen Jahren, der ort- und zeitlose Stream, die Aufteilung in Episoden und Staffeln. Da bietet es sich eigentlich an, diese formal ähnlichen Medien zu kombinieren. Schon jetzt zeichnet sich mit der Adaption von Podcasts ein Trend ab. Amazon Prime brachte 2017 den Podcast Lore als Horror-Serie heraus und 2018 Homecoming mit Julia Roberts - basierend auf einem fiktionalen Podcast von Gimlet Media. Jetzt erscheint in Deutschland auf Netflix die Serie Dirty John, die auf dem investigativen Podcast des Journalisten Christopher Goffard für die Los Angeles Times und das Network Wondery beruht.

Der Erfolg des Doku-Podcasts Dirty John mit mehr als 10 Millionen Downloads innerhalb der ersten sechs Wochen dürfte sicherlich ein Anreiz für die Adaption gewesen sein. Podcast und Serie funktionieren zwar nach unterschiedlichen Regeln, aber spannend bleibt die Geschichte nach dem realen Fall des Heiratsbetrügers John Meehan auch in der Verfilmung. Eines seiner Opfer war Debra Newell. Sie und ihre Familie haben für den Podcast offen darüber gesprochen. Die Serie fiktionalisiert das und spitzt zu.

Auch das erste Date - und wie es schief geht - ist Netflix-tauglich dramatisiert. Debra (gespielt von Connie Britton) hangelt sich von Treffen zu Treffen mit Männern, die sie über eine Dating-Plattform kennenlernt. Nach vier Ehen und zahlreichen schmatzenden, ausschließlich von sich selbst sprechenden Männern ist der Abend mit John relativ gut gelaufen, ja sogar fantastisch! Die beiden haben edel diniert, viele Cocktails getrunken, lustige und tiefgehende Gespräche geführt, sind zu Debra nach Hause gefahren. Sie wirft einen kurzen prüfenden Blick in den Spiegel. Auf einmal knallt die Tür und John ist weg. Er wollte es im Bett, sie auf dem Sofa. Aber das ist kein Aus, sondern erst der Anfang.

In dem Podcast, auf dem die Serie beruht, bleibt das Bild von John stets widersprüchlich

Debras Welt gleicht einem Hochglanzmagazin für Inneneinrichtung. Als Chefin einer Firma für Innendesign in Los Angeles kann sie sich ein Loft, ein Tesla und Designer-Kleider leisten. Die Rolle von John Meehan ist da schwieriger. Im Podcast bekommt man durch die Interviewpartner, die der Journalist Christopher Goffard befragt hat, ein widersprüchliches Bild des mysteriösen John. Für Debra ist er ein Beau, für die Töchter ein Typ mit dreckigen Fingernägeln, der niemals Anästhesist sein kann, wie er behauptet.

In der Serie verkörpert Eric Bana den Mann, leicht angegraut und nicht mehr ganz so frisch wie zu Hulk-Zeiten. Er wird als ultimativer Romantiker dargestellt. Einer, der jeden Morgen einen Smoothie ans Bett bringt, der die Freundin zur Arbeit fährt und der auch nach einem langen Arbeitstag zum Kuscheln bereit ist. Ein wenig zu romantisch. Nur gegenüber Debras Töchter benimmt er sich ruppig. Anstatt sie ins Haus zu lassen, schickt John sie auf Gassi-Tour mit dem Hund. Das reicht, um Mutter und Töchter gegeneinander aufzubringen.

Nach beiden Versionen von Dirty John ist man jedenfalls gegenüber dem gehörten Heiratsschwindler vorsichtiger als gegenüber dem gesehenen.

Dirty John , bei Netflix*

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© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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