"Tatort"-Neuling Alwara Höfels:Einsam ist nicht schlimm

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Til Schweiger - 'Keinohrhasen'

Drei Sorten Männer: die Wühler, die Pieker und die, die es dir gar nicht machen. Mit diesem Monolog ist Alwara Höfels (hinten rechts) in "Keinohrhasen" bekannt geworden (Szene mit Til Schweiger und Nora Tschirner).

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Alwara Höfels ist in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen. Sie kann Dinge aushalten. Bald ermittelt sie im Dresdner "Tatort". Begegnung mit einer, die Angst nicht duldet - am wenigstens bei sich selbst.

Von Karin Steinberger

Jeder darf mal versagen. Viel mehr muss man nicht wissen. The right to fail. Wer das verstanden hat, dem kann nichts mehr passieren. Nicht im Leben und nicht auf der Bühne. Vielleicht ist das ihr Geheimnis.

Alwara Höfels sitzt in einem Sessel, neben ihr Peter Haber, der gerade schaut wie Kommissar Beck, wenn ihn sein Nachbar am Balkon mal nicht vollquatscht. Es ist Drehpause. Draußen vor dem Fenster proben die Techniker einen dezenten Regen, noch sieht es mehr nach Monsun in den Tropen aus. Drinnen am Set wird eine Vase ein paar Zentimeter nach links, dann wieder nach rechts gerückt.

Alwara Höfels macht Grimassen, reißt den Mund auf, die Augen - es sieht kurios aus, ist ihr aber ziemlich egal. Wer ein Püppchen haben will, ist bei ihr ohnehin falsch. Beim Deutschen Filmball im Januar in München hat sie es geschafft, im weißem Ballkleid so auszusehen, als hätte sie gerade die Hände in der Hosentasche.

Sie hat das einfach, dieses Cowboyhafte. Eine Jugend in Berlin-Kreuzberg prägt, vor allem, wenn man im Taunus geboren wurde, beide Eltern Schauspieler sind, und wenn man dann noch blond ist. Hier ist das Leben direkter. Da kommt schon mal ein Mädchen und sticht den Basketball ab, den man mitgebracht hat. Dazu der Satz: "Verpiss dich, sonst passiert dir das selbe."

Damals hat Alwara Höfels gelernt: Wer Angst hat, hat schon verloren.

Unsicherheiten, ja, auch Zweifel, aber Angst, nein

Sie hat keine Angst. Unsicherheiten, ja, auch Zweifel, ganz wichtig, aber Angst, nein. Angst lähmt. Ein Schauspieler, der Angst hat, bei dem sieht man die Absicht. Und ein Schauspieler, bei dem man die Absicht sieht, ist ein schlechter Schauspieler. "Man sieht es in den Augen", sagt Alwara Höfels und macht jetzt Augen, in denen man die Angst sehen soll. "Die warten dann nur auf ihren Satz und gucken dich mit toten Fischaugen an. Das ist ganz schlimm."

Es ist schon dunkel, als sie in den Wohnwagen geht, den sie ihr in die Voralpenlandschaft gestellt haben. "Klare Sicht bei milden Temperaturen" ist der Arbeitstitel des ARD-Films, den sie hier in der Nähe vom Starnberger See drehen. Ein Mann (Peter Haber) wird blind, kann damit nicht umgehen, seine Blindenlehrerin (Alwara Höfels) ist jung und unerfahren und kann mit ihm nicht umgehen. Am Anfang zumindest. So prallen sie aufeinander.

Alwara Höfels sitzt im Wohnwagen und sagt: "Peter ist ein Riesengeschenk für mich." Es ist seine Haltung zur Arbeit, die ihr gefällt. Alle sind gleichwertig, so spielt Peter Haber, immer für die Sache, keiner ist wichtiger als der andere, nichts ist im Off. "Das ist so ein besonderes, so ein schützenswertes Geflecht, was man da miteinander etabliert über so eine Reise, das ist was Heiliges." Der Wohnwagen schaukelt jetzt leise.

Sie ist jetzt 32, natürlich gefällt es ihr, dass sie immer öfter Hauptrollen angeboten bekommt. Einen Film auf dem Rücken zu tragen, das sei schon toll, sagt sie. Es war nicht einfach, sich aus dem Keinohrhasensog herauszuarbeiten. 2007 war das, ihr Kinodebüt, Alwara Höfels als Miriam, wie sie da auf der Couch sitzt, mit Zöpfchen, und einen Monolog hält über die drei Sorten Männer: die Wühler, die Pieker und die, die es dir gar nicht machen.

Wie kam sie dazu? Sie, die eigentlich immer Theater spielen wollte. Schon in der Grundschule fing sie an, eigene Stücke zu schreiben und zu spielen, zum Abitur inszenierte sie Fassbinders Blut am Hals der Katze. Sie sagt: "Theater ist der Boden von allem. Wenn du es da schaffst, kannst du jede Kamera bedienen."

Sie spielte gerade die Helena in Ein Sommernachtstraum im Deutschen Theater Berlin, Regie Jürgen Gosch, als sie zum Casting von Keinohrhasen eingeladen wurde. Saß ewig herum, bis Til Schweiger vorbeikam und sagte: "Ach, das Ü-Ei." Das Überraschungsei bekam die Rolle. Danach hat sie erst mal Gegenprogramm gemacht: Werther, auf der Bühne, zweite Reihe. Sie wollte einfach wieder runterkommen, raus aus diesem Rummel. Sie findet das befremdlich, die Begehrlichkeiten, die da auf einen einstürmen nach so einem Erfolg, die ganzen Privatsender und Comedyserien, die plötzlich anrufen.

Bei einer Soap mitmachen? Niemals

Das Beste an dem Hype war, dass man nach so einer Rolle eher unterschätzt wird, die mit dem Sexmonolog. Das gefällt ihr: unterschätzt werden. So wie damals in Kreuzberg, da dachten alle, die mit dem kaputten Ball kommt nicht mehr. Falsch, sie kam wieder, diesmal mit dem Diktiergerät der Mutter. Draus lernen, weitermachen. "Da ist ein Soldat in mir, der anfängt zu marschieren." Was soll schon passieren. Scheitern? Sie ist ein Fan des Scheiterns, nur wer scheitert, stellt sich andere Fragen, der erlebt was Neues. Wer glaubt, alles begriffen zu haben - sollte aufhören.

"Es muss schon was kosten, das Leben", sagt sie dann, einfach so. Sie hat also die Typen in Kreuzberg, die sie interessiert haben, nach ihren Geschichten gefragt und alles aufgenommen. Es hat funktioniert. Für eine Minute Ruhm machen Menschen viel. Das hat sie gleich begriffen: Eitel sind wir alle. Da war sie elf oder zwölf Jahre alt.

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