Die große Hochzeit ist gerade mal etwas mehr als einen Monat her, und schon hat die Herzogin von Sussex (ehemals Meghan Markle) sich den Unmut des Boulevards zugezogen. Sie trug bei der Eheschließung einer Cousine ihres Gatten, Celia McCorquodale, mit George Woodhouse das falsche Kleid. Oscar de la Renta zwar, aber doch zu sackartig für die Kommentatoren, und zu sehr geblümt. Hat die Neue im britischen Königshaus etwa doch kein sicheres Händchen für Mode? Fragen nun bang die britischen Mode-Experten.
Danach stolperte sie auf dem Weg zur Kirche, um Gottes Willen; die falschen Schuhe also? Orthopäden wissen mehr. Und dann der Landsitz, den das Paar von der Queen zur Hochzeit bekam. Dort soll es spuken. Ein Omen? Jetzt der Hammer: Bei einer Reise von Meghan und der Queen nach Nordwestengland wagte es Meghan, vor der Königin in ein wartendes Auto einzusteigen. Ein Bruch mit der Etikette? Ist Elizabeth II. sauer? Protokoll-Spezialisten wissen, wie man es richtig macht.
Es soll, auch nach der Hochzeit des Jahres in Windsor, viele Fans der Royals geben, die nicht genug bekommen können - und alles verschlingen, was gesendet und geschrieben wird über Meghan und Harry, ihr Glück, ihr Lachen, ihren unordentlichen Dutt, der zur neuen It-Frisur geworden ist, seine Blicke. A love divine.
Etwa zwei Milliarden haben das Hochzeitsspektakel im Fernsehen nach offiziellen Angaben angeschaut, und selbst wenn es in Wahrheit ein paar weniger waren, so ist doch unbestritten: Das Geschäft mit Royals rennt.
Es läuft ja schon lange, viele bunte Blätter leben gut davon, aber derzeit rennt es noch ein bisschen besser als sonst. Dass einige das britische Königshaus für einen teuren Anachronismus halten - was soll's. Ist einfach zu unterhaltsam. Fünf Millionen Menschen weltweit sollen täglich verzweifelt auf der Suche nach der Droge Royalty im Fernsehen sein, sagt Nick Bullen. Er ist einer von denen, die aus dieser Sucht ein Geschäft machen wollen.
Bullen ist TV-Produzent, seine 2004 gegründete Produktionsfirma hat er Spun Gold, Gesponnenes Gold, genannt. Der Name erinnert nicht von ungefähr an das Grimm'sche Märchen von Rumpelstilzchen, in dem der Müller behauptet, seine Tochter könne Stroh zu Gold spinnen, woraufhin der König sie umgehend zwingt, seine Schatullen damit zu füllen. Nun: Es stellt sich heraus, dass der Müller arg übertrieben hat, aber mithilfe von Rumpelstilzchen überlistet die raffinierte Dame den Monarchen - und wird Königin.
Der Slogan: "Treten Sie schon heute ein in den royalen Kreis."
Ob sie damit glücklich ist bis ans Ende ihrer Tage, ist zu bezweifeln. Aber der erfolgreiche TV-Produzent Bullen dürfte eher an Gold als an Glück gedacht haben, als er mit seiner Firma unlängst einen neuen Streamingdienst gründete und ihn True Royalty nannte.
Das Angebot des kleinen Bezahlangebots: ausschließlich Dokumentarfilme und Dramen über Könige und Prinzessinnen, über Traditionen, Hobbys und Geschichte der Blaublütigen. Die Vorliebe des Briten gilt dabei selbstverständlich dem britischen Königshaus. Der Slogan: "Treten Sie schon heute ein in den royalen Kreis." Die Kategorien: gekrönte Väter, Söhne, Mütter, Töchter. Tausend Jahre königliches Blut. Royale Passionen. Royales Leben. Royale Hochzeiten. Verheiratet mit einem König. Royale Favoriten. Vergangenheit und Zukunft.
40 Sendungen sind derzeit im Angebot, macht 150 Stunden Programm. Nicht gerade viel für echte Monarchisten, aber die Macher von True Royalty setzen laut Guardian, der den Streamingdienst "Monarchisten-Netflix" nennt, darauf, dass bald mehr kommt: Man hoffe, heißt es, auf einen Deal mit der BBC, die tonnenweise Geschichten über gekrönte Häupter aus aller Welt in ihren Archiven hat. Und nun der Super-Hammer: Der ganze mediale Kaiserwalzer kostet nur einen Fünfer im Monat. Pfund, versteht sich.
Klar, Royalisten und Tagträumer kommen dieser Tage auch ganz ohne eigenen Streamingdienst auf ihre Kosten. Die Netflix-Erfolgsserie The Crown mit der grandiosen Claire Foy als Queen Elizabeth etwa; die dritte Staffel wird gerade mit der neuen Hauptdarstellerin Olivia Colman gedreht. Oder die ziemlich albernen Royals mit Liz Hurley, die in Deutschland auf ProSieben zu sehen sind. Überall gibt es Märchen und Dramen, Hollywood-Kitsch und Shakespeare-Verfilmungen.
Prinz verliebt sich in Bürgerliche, die Schuh verliert; Prinzessin tanzt am Tiber die Nacht durch, König muss beim Logopäden sprechen lernen, König kämpft mit Tafelrunde und stirbt in Avalon, Dänenkönig will Mutter und Stiefvater des Mordes überführen, bayerischer König ertrinkt im See, bayerische Adelige heiratet Habsburger - all das und noch viel mehr ist für Fans über verschiedenen Plattformen verfügbar - nicht aber bei True Royalty. Weil zu teuer oder unerreichbar.
Stattdessen gibt es hier im Wesentlichen Eigenproduktionen, Altes und Neueres. Und ziemlich viel Seltsames. Diana, Model Princess aus dem Jahr 1992 etwa schildert die wundersame Wandlung der schüchternen Kindergärtnerin zur selbstbewussten Mode-Ikone, die mit der Kamera mehr flirtete als mit ihrem Mann. "Sie wollte daran gemessen werden, wer sie ist", heißt es in der liebedienerischen Dokumentation, "nicht was sie trägt". Aber dann fokussiert Regisseur Alan Scales doch vor allem auf ihre tolle Figur und die schönen Klamotten. "Fotos und Fotografen", sagt die Off-Stimme im Film triumphierend, "Diana wusste, dass sie dieses Spiel gewinnt".