Streaming:Die Große

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Dass Helen Mirren mit 74 älter ist, als es Catherine the Great je wurde? Künstlerische Freiheit. (Foto: Sky Uk Ltd)

Eine progressive Herrscherin mit ungezügeltem Appetit auf Macht und Sex zu spielen, macht ihr ganz offensichtlich großen Spaß: Eine opulent produzierte Miniserie auf Sky zeigt Schauspielerin Helen Mirren als russische Zarin.

Von Patrick Heidmann

Was für erstaunliche Wendungen doch Karrieren nehmen können. Ausgerechnet Helen Mirren, die Ende der Siebzigerjahre erstmals mit Tinto Brass' vermeintlich pornografischem Skandalfilm Caligula zu Weltruhm gelangte und in den frühen Neunzigern die knallharte Kommissarin in der Krimireihe Heißer Verdacht gab, ist im letzten Drittel ihrer beruflichen Laufbahn als Königin bekannt. Als Elizabeth I. gewann sie für den gleichnamigen Zweiteiler den Golden Globe und den Emmy, anschließend brachte ihr der Kinofilm The Queen den Oscar ein. In der Rolle von Elizabeth II. brillierte sie auch in London und New York auf der Theaterbühne. Und nun spielt Mirren, längst selbst von der britischen Königin in den Adelsstand erhoben, auch noch Katharina die Große.

In dem von HBO produzierten Vierteiler Catherine the Great ist die Britin schon deshalb eine Idealbesetzung, weil sie - neben ihren Adelserfahrungen - selbst russischer Abstammung ist: Ihr Großvater war Mitglied einer aristokratischen Militärfamilie, die zurückreicht bis ins hier dargestellte 18. Jahrhundert. Dass Mirren mit 74 älter ist, als es die Kaiserin von Russland je wurde? Lässt sich problemlos unter künstlerischer Freiheit verbuchen.

Eine Herrscherin mit Appetit auf Macht und Sex zu spielen, macht ihr offensichtlich großen Spaß

Historische Fakten sind in Catherine the Great ohnehin eher zweitrangig. Die Serie setzt ein, direkt nachdem Katharina 1762 ihren Gatten aus dem Weg geräumt und die Macht ergriffen hat und jagt dann, nicht immer nachvollziehbar, durch drei Jahrzehnte, Türkenkriege und Krim-Ergreifung inklusive. Für allzu viel Details oder auch die progressiv-liberalen Ideale der Zarin ist dabei nur bedingt Raum, nicht zuletzt weil Drehbuchautor Nigel Williams und Regisseur Philip Martin sich für Katharina vor allem im Bezug zu den Männern in ihrem Leben interessieren: intrigante Berater, ein windelweicher Sohn, junge Liebhaber und die vermeintliche Liebe ihres Lebens, Fürst Potjomkin (Jason Clarke). Vor allem Letzterem wird in den vier Folgen unnötig viel Zeit gewidmet.

Das kann man natürlich so machen, schließlich wird Katharina als Frau an der Spitze einer Weltmacht sich ständig gegen solche Männer behauptet haben. Wirklich gerecht wird man ihrer feministischen Vorreiterrolle, ihren historischen Errungenschaften damit aber nicht. Auch weil die Nebenfiguren recht eindimensional bleiben und Martin beim Blick auf die Machenschaften bei Hofe nie die Subtilität walten lässt, die er als einer der Regisseure der Erfolgsserie The Crown an den Tag legte.

Für die große Helen Mirren ist die mitunter dick auftragende Erzählung eine willkommene Einladung, einmal mehr groß aufzuspielen. Als Herrscherin, die weder aus ihrem Appetit auf Macht noch auf Sex einen Hehl machen will, hat sie erkennbaren Spaß - und macht diese opulent ausgestattete Serie schon dadurch ganz unbedingt sehenswert.

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© SZ vom 24.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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