Rundfunkbeitrag:Weiter Blockade für ARD und ZDF?

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Reiner Haseloff will künftig mit SPD und FDP regieren - und einem Koalitionsvertrag, mit dem sich Sachsen-Anhalt medienpolitisch sozusagen treu bleibt. (Foto: Ronny Hartmann/dpa)

Der Entwurf für einen Koalitionsvertrag in Magdeburg deutet darauf hin, dass die zweite Runde der Beitragserhöhung nicht leichter wird.

Von Claudia Tieschky

Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im Juni gab es in Magdeburg eine schwarz-rot-grüne Regierung und im Koalitionsvertrag stand: "Bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks halten wir am Ziel der Beitragsstabilität fest." Weil darunter unterschiedliche Dinge verstanden wurden - relative Beitragsstabilität mit Inflationsausgleich oder absolute mit null Cent mehr? - und es auch sehr unterschiedliche Ansichten zum Programm von ARD, ZDF und Deutschlandradio gab, wäre das Bündnis im vorigen Winter beinahe zerbrochen. Die Krise befriedete Regierungschef Reiner Haseloff, indem er - verfassungswidrig, wie Karlsruhe nun vorige Woche urteilte - auf eine Abstimmung zu der von den Länderchefs bereits beschlossenen Beitragserhöhung verzichtete. Obwohl alle 15 anderen Landtage das Gesetz mit der Erhöhung gebilligt hatten, war der Anstieg um 86 Cent damit blockiert. Die Karlsruher Richter werteten das als Verletzung des komplizierten, aber staatsfernen, dreistufigen Verfahrens zur Beitragsermittlung und der Rundfunkfreiheit; sie setzten nun den höheren Beitrag in Kraft, bis die Länder einen neuen entsprechenden Staatsvertrag zum Beitrag verabschieden.

Das geplante Bündnis erwartet "spürbare Effekte" beim Rundfunkbeitrag

Vier Tage nach dem Urteil aus Karlsruhe einigte sich die geplante neue Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt - Haseloffs CDU, die SPD und die FDP - nun auf einen Entwurf für ihren Koalitionsvertrag, und es ist kein Wunder, dass viele Beteiligte nach dem Spektakel vom Vorjahr jetzt genau auf dieses Papier schauen. Schließlich muss auch das von Karlsruhe verlangte neue Gesetz zum Beitrag am Ende wieder durch den Magdeburger Landtag, und der Koalitionsvertragsentwurf soll Mitgliederbefragungen bei CDU und SPD beziehungsweise einen Parteitag bei der FDP überstehen. Ein Blick ins Papier zeigt: Es ist für alle etwas dabei, sogar Spannung. Der Begriff Beitragsstabilität ist zwar raus, aber der Anspruch bleibt: "Wir bekennen uns zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen angemessener Finanzierung. Seine Akzeptanz steht und fällt jedoch nicht nur mit seinen Inhalten, sondern auch mit der Höhe des Rundfunkbeitrags." Die von der unabhängigen Finanzkommission KEF verlangte Sparsamkeit und eine Auftragsreform seien Voraussetzung für die Akzeptanz der Öffentlich-Rechtlichen sowie für "spürbare Effekte" beim künftigen Beitrag. Die anstehende Entscheidung über den Beitrag wolle man "im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juli 2021 in der Verantwortungsgemeinschaft mit den anderen Ländern treffen" - und "gegebenenfalls auch im Hinblick auf eine Abweichung von der Empfehlung der KEF". Ein Indexmodell, bei dem der Beitrag weniger streitanfällig über längere Zeit automatisch steigen würde und das besonders die FDP nicht mag, sei "abzulehnen".

Das klingt so, als bliebe Sachsen-Anhalt sich medienpolitisch treu - und keineswegs danach, als werde die zweite Runde für die Beitragserhöhung im Magdeburger Landtag einfacher als die erste - in die Richtung gingen auch bereits Haseloffs Worte nach dem Urteil: Er könne nicht garantieren, dass nicht noch mal eine Blockade komme, meinte er mit Blick auf den Umstand, dass die Landtage nach dem jetzigen Verfahren zwar über die Beitragserhöhung abstimmen, aber verfassungsrechtlich extrem wenig Spielraum für ein Nein haben. Womöglich denken die Länderchefs nach Lektüre des Magdeburger Entwurfs nun doch über die Möglichkeit nach, die ihnen das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich eröffnet hat: das Dilemma zwischen Freiheit der Parlamentarier und Rundfunkfreiheit im Beitragsverfahren zu lösen, indem sie - noch vor der nächsten Beitragsabstimmung - das Verfahren ändern.

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