Gerichtsurteil:Bundesweite TV-Sender dürfen regionale Werbung ausstrahlen

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Pro Sieben Sat1 will einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag einsparen. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Ein Verbot von regionaler Werbung sei europarechtswidrig, so die Richter.

Bundesweite Fernsehsender dürfen Werbung regional ausstrahlen. Das Landgericht Stuttgart kam zu dem Schluss, dass ein entsprechendes Verbot für bundesweite TV-Programme europarechtswidrig sei. Eine österreichische Modefirma hatte geklagt, seine TV-Kampagne auf Pro Sieben nur in Bayern senden zu dürfen - und zwar gegen den Sender, weil er die Werbung nicht zeigte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Pro Sieben kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung einlegen. Pro Sieben Sat 1 zeigte sich jedoch zufrieden mit dem Richterspruch. Vorstand Wolfgang Link teilte mit: "Die Adressierbarkeit von Werbekampagnen im TV ist ein wichtiger Wachstumsfaktor für unsere Vermarktung. Der heutige Gerichtsentscheid erschließt neue Potenziale." Er ermögliche, ab 2022 die Nachfrage nach regional adressierbarer Werbung zu bedienen.

Das TV-Verbot wurde schon einmal gekippt, und wieder in Kraft gesetzt

Ende 2014 hatte das Bundesverwaltungsgericht schon einmal entschieden, dass regionale Werbung in einem bundesweiten Programm nicht gegen das Rundfunkrecht verstoße. Aber ein Jahr später wurde es jedoch erneut verboten.

Im aktuellen Fall gingen die Richter auch auf faire Wettbewerbsbedingungen mit Internetplattformen ein. Sie argumentierten in ihrem Urteil, dass das Werbeverbot nicht zum umfassenden Schutz regionaler TV-Sender, bei denen die Regionalwerbung eine wichtige Einnahmequelle ist, geeignet sei. Denn regionale Werbung auf Internetplattformen stellte gleichfalls eine echte Konkurrenz für die regionalen und lokalen Fernsehveranstalter dar. Von den Internetplattformen gehe daher die gleiche Gefahr für das finanzielle Wohlergehen und den Fortbestand der regionalen und lokalen Fernsehveranstalter aus - allerdings besteht für die kein Verbot. Ein Schutz der Medienvielfalt in Deutschland sei mit einem regionalen TV-Werbeverbot für bundesweite TV-Sender nur "bruchstückhaft" zu erreichen und das Verbot nicht vereinbar mit europäischen Regeln zum freien Dienstleistungsverkehr.

Das regionale TV-Werbeverbot steht im Medienstaatsvertrag der Bundesländer. Es gibt eine Ausnahme: Erlaubt ist das, wenn das Recht in dem jeweiligen Bundesland dies zulässt. Auch eine Zulassung ist dann nötig. Hintergrund des Verbots ist, dass die Bundesländer die Position von lokalen und regionalen Medien im Sinne der Meinungsvielfalt stärken wollen. Diese sollen von Einnahmen durch regionale Werbung profitieren können. ProSiebenSat.1-Vorstandssprecher Rainer Beaujean betonte: "Das Urteil ist ein enormer Schritt hin zu mehr Chancengleichheit mit globalen Digitalunternehmen. Denn im Netz ist regionale Werbung schon seit jeher möglich."

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