Krimi im Ersten:Alle tun im "Polizeiruf 110" so, als gäbe es was zu tun

Lesezeit: 3 min

Die Kommissare Lenski (Maria Simon) und Raczek (Lucas Gregorowicz) in Aktion - das gibt es selten in diesem Polizeiruf. (Foto: rbb/Christoph Assmann)

An Kommissar Raczek liegt es nicht: Er fährt Motorrad, kultiviert eine Aura des Mysteriösen und ruft "Fuuuck!". Trotzdem ist diese "Polizeiruf"-Episode nicht zu retten.

Kolumne von Johanna Bruckner

Worum geht's?

Das fragt man sich als Zuschauer 80 von 90 Polizeiruf-Minuten lang vergeblich. In der Episode "Der Preis der Freiheit" liegt nicht nur über der Oder-Landschaft oft die Nacht, auch der Plot ist verdunkelt. Die Polizeianwärterin Katarzyna Ludwinek verfolgt alleine und zu vorgerückter Stunde ein verdächtiges Fahrzeug. Plötzlich bremst das Auto vor ihr ab, Katarzyna kann nicht mehr ausweichen, sie stirbt im Wrack ihres Wagens. Der junge Mann am Steuer des anderen Autos kann verletzt flüchten.

Klarer Fall von: Unfallverursacher schnappen, Verbrechen gelöst? Natürlich nicht. Damit die Kommissare Olga Lenski und Adam Raczek die volle Zeit zumindest so tun können, als gäbe es etwas zu tun, wartet das Drehbuch mit weiteren Verdächtigen auf: Da ist Katarzynas Kollege, der den Ermittlern ständig ausweicht. Außerdem ein Unfallbeobachter, der Mitglied einer brutalen Bürgerwehr ist. Und - Achtung, jetzt wird's klischeekriminell - eine Autoschiebermafia. Inklusive eines fiesen Oberbosses (Vitali Doroshenko), standardmäßig in der Ausführung mit finsterem Handlager für die Drecksarbeit.

Hier lesen Sie die Rezension von SZ-Kritiker Holger Gertz:

Krimi in der ARD
:Neuer "Polizeiruf 110": Immerhin der Hund war gut

In "Der Preis der Freiheit" versuchen Lenski und Raczek, den Tod einer Polizeipraktikantin aufzuklären. Aber der Film zieht sich. Und zieht sich.

TV-Kritik von Holger Gertz

Bezeichnender Dialog:

Die Ermittler haben den Polizisten Udo Lehde vernommen, den engsten Kollegen von Katarzyna Ludwinek. Als sie ins Auto steigen, spricht Lenski Raczek auf seine Beziehung zum Opfer an.

Lenski: Wie gut kannten Sie Frau Ludwinek eigentlich?

Raczek: Gut genug, um zu wissen, dass sie sich nicht mit dem Zigarettenanzünder selbst ansengt.

Lenski: Und warum tischt er uns dann die Märchen auf?

Raczek: Das frag' ich mich auch.

Lenski: Oh Scheiße - wie spät ist denn das?

Raczek: Müssen Sie Ihre Tochter abholen?

Lenski: Ja. Wie machen Sie denn das eigentlich mit Ihren Kindern?

Raczek: Ich bin Pole - das macht meine Frau.

Beide lachen.

Die besten Zuschauerkommentare:

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Eine Szene, die den Film auch nicht mehr rettet:

Polizist Lehde hat den Autoschieber Doroshenko in seine Gewalt gebracht und foltert ihn mit einem Zigarettenanzünder. Die Ermittler sind im Auto auf dem Weg zu der Lagerhalle, in der Lehde Rache nimmt. Kommissarin Lenski versucht, Lehde am Handy davon abzuhalten, den Mafiaboss umzubringen: "Herr Lehde, zerstören Sie nicht ihr ganzes Leben - für so einen miesen Verbrecher!" Tatsächlich legt Lehde seine Waffe nieder, befreit Doroshenko von den Handschellen. Der heldenhafte Polizist entscheidet sich im entscheidenden Moment gegen Selbstjustiz und für den Rechtsstaat!

Eigentlich wäre ein solch vorhersehbar-langweiliges Happy End wunderbar stimmig für diesen Polizeiruf - aber die Macher wählten dann doch die vorhersehbar-langweilige, tragische Alternative. Fiesling Doroshenko darf noch ein bisschen Verbalgift verspritzen ("Ich geh' jetzt zum Auto. Und wenn du etwas dagegen tust, dann bist du dabei, wenn ich deine Frau und deinen Sohn ganz langsam ..."). Polizist Lehde darf die unausweichlichen Konsequenzen ziehen. Und Kommissar Reczek, der zu spät kommt, darf ganz laut "Fuuuck!" rufen.

Top:

Die an dieser Episode teilnehmenden Kinder und Tiere erledigen ihre Aufgabe vorbildhaft. Die Tochter von Kommissarin Lenski ist an passender Stelle widerspenstig und süß. Und der Polizeihund, ein wunderbar melancholischer Basset Hound, frisst brav Käsebrot - und bellt exakt auf Pointe. Was kann man mehr verlangen?

Flop:

Irgendwie seufzt alles an dieser Folge: "Mir ist so fad." Aber wie sollen die Schauspieler auch Leidenschaft für eine Geschichte entwickeln, die erst ewig braucht, bis sie sich einigermaßen erklärt - und dann einfach nur langweilig ist?

Am meisten leidet Lucas Gregorowicz als Kommissar Raczek. Da kann er noch so dynamisch Motorrad fahren, eine Aura des Mysteriösen kultivieren und fluchen - bei so viel Omniödnis wirkt sein Engagement aufgesetzt. Überhaupt: Während es Tatorte regelmäßig übertreiben mit der Schicksalberichterstattung aus dem Leben ihrer Kommissare, ist man nach Folge zwei immer noch ratlos, was den neuen Kollegen von Olga Lenski an- und umtreibt. Demnächst dann bitte mehr - von allem.

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Bester Auftritt:

Der schmucklose Lieferwagen als Schurkenauto feiert sein Comeback! In seiner unprätentiösen Art zeigt er all den schnittigen Bösewicht-Boliden, die in Krimis Hochkonjunktur haben, dass er immer noch die unangefochtene Nummer eins ist. Egal, ob es darum geht, suspekte Gestalten noch suspekter erscheinen zu lassen, Motorräder von der Straße abzudrängen, oder Personen mit vorgehaltener Waffe auf den Beifahrersitz zu zwingen.

Die Erkenntnis:

Ist eigentlich auch schon egal. Irgendwas zwischen "Dumme, dumme Jugend" und "Die Welt ist schlecht".

Die Schlusspointe:

Kommt bildsprachlich daher. Der Fall ist gelöst, Katarzyna wird betrauert - das ruft nach gedimmter Helligkeit. Also streift die Kamera über ein Feld im Nebel, die Oder liegt in der Abenddämmerung da, dazu spielt ein Klavier getragene Klänge. Der Soundtrack zum verdienten Wegdösen.

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